Teneriffa – ein Inselportrait
Seit einigen Jahren zieht es uns vor allem im Herbst noch einmal in die Sonne. Was liegt da näher als eine der vielen beliebten kanarischen Inseln. Irgendwann früher, das muss so kurz nach der Wende gewesen sein, hat sich bei mir ein Bild von diesen 7, mittlerweile 8 Inseln geprägt. In meiner völlig antiquierten Vorstellung reiht sich ein Goldstrand an den nächsten. Man räkelt sich unter Palmen und genießt bunte Drinks. Doch es soll ganz anders kommen.
Wir entscheiden uns für den 5 stündigen Flug nach Teneriffa und verlassen das Flugzeug eines schönen Nachmittags im November. Der Flughafen Teneriffa Süd ist sehr gut organisiert und schon kurz nach unserer Landung, greifen wir unsere Koffer vom Band. Dieses Mal habe ich meinen endlich mal mit einer Tüte am Griff markiert. Gefühlt haben alle einen schwarzen Koffer, ich auch. Doch dank der Tüte bin ich mir sicher, dass es wirklich meiner ist.
Die Rolltreppe hoch und schon reiht sich eine Autovermietung an die nächste. Irgendwie muss man einfach nur den Leuten hinterher. Wir finden unseren Vermieter, das Fahrzeug ist online gebucht (Cicar – unbezahlte Werbung) und erhalten binnen 3 Minuten völlig unkompliziert eine Papiertüte. Darin befindet sich der Autoschlüssel. Die Dame hinter dem Tresen zeigt noch in eine Richung, dort werden also die Autos stehen. Wir finden unseres auch gleich, denn sowohl auf unserer Papiertüte als auch über den Parkplätzen stehen die Nummern.
Reingestiegen und los. Los, ok. Doch wohin eigentlich? Wir sind mal wieder relativ unvorbereitet und haben keine Ahnung, wo wir gelandet sind und was uns auf dieser Insel konkret erwartet. Wir haben keine To Do Liste und wie fast immer lassen wir uns treiben. Das mag unvorbereitet klingen, ok – ist es gewissermaßen auch. Aber mittlerweile vertrauen wir voll auf die Örtlichkeit und unseren Instinkt.
Die groben Eckdaten werden wir dem Printreiseführer sowie dem Printwanderführer entnehmen. Den Rest erfahren wir über googlemaps, maps.me und tripadvisor (noch mehr unbezahlte Werbung). Doch nun folgen wir erst einmal der gut ausgebauten Autobahn.
Ja richtig, Teneriffa ist voll erschlossen. Eine 2-3 spurige Autobahn umrundet die Insel. Die Abfahrten sind nummeriert und auch mit Ortsnamen versehen, also im Prinzip wie in Deutschland.
Die erste Überraschung erleben wir, als wir die kleine Bergstraße hinauffahren. Erster Gang, extrem steil hinauf. Die Straßen verjüngen sich immer mehr und fast wollen wir nicht glauben, wo man nochmal überall hin abbiegen kann.
Effektiv landen wir in unserer Ferienwohnung, in ca. 500 Meter Höhe am Rande eines sogenannten Barrancos. Tief ins Vulkangestein geschnittene kleine Schluchten. Davon gibt es auf Teneriffa unzählige.
Die Straßen winden sich um diese herum und sind teilweise so steil, dass wir über die handelsübliche Motorhaube drüber geguckt, die Straße ab und an nicht mehr sehen. Teneriffa ist also alles andere als eine flache, sandstrandige Sonneninsel, sondern hier herrscht die Rauheit einer bizarren Vulkanlandschaft, die höchste Erhebung ist der im Moment ruhende Vulkan Teide mit seinen 3718 Metern. Der Teide ist der Hammer und immer wieder zog er uns an.
Grob kann man sagen, er thront in der Inselmitte, umgeben vom Teide-Nationalpark, welcher sich auf der Höhe von um die 2000 Metern als weit gefasstes Gebiet mit unzähligen Wanderoptionen erstreckt. Höhenkrankheit ist also absolut ein Thema, mit dem man sich befassen sollte, wenn man nach Teneriffa fliegt und vorhat, diesen Nationalpark aufzusuchen.
Am Fuße der Hänge reihen sich in alle Richtungen größere und kleinere Städte, Gebirge und natürlich die verschiedensten Strände. Im folgenden gehe ich ein wenig näher auf die verschiedenen Richtungen der Insel ein. Denn ehrlich gesagt, war ich maximal überrascht, wie dicht besiedelt einige Bereiche dieser Insel sind.
Die Inselhauptstadt Santa Cruz befindet sich im Südosten, hier leben gut 200.000 Menschen und natürlich ankern hier die Kreuzfahrtschiffe. Ein künstlich angelegter See empfängt die Touristen, nachdem sie, an den sich im Meer an der Südküste befindlichen Ölplattormen vorbeigeschippert sind.
Ansonsten findet man in dieser Stadt natürlich alles, was das Herz begehrt, wenig historische Gebäude. Aber dafür Einkaufszentren mit den üblichen Handelskettten. Wie zum Beispiel Mediamarkt (schon wieder unbezahlte Werbung wegen Nennung von Anbieter), nur für den Fall, ihr müsst genau wie wir, ein Handy kaufen. Ansonsten gibt es noch die vielbesuchte Markthalle „Mercado Nuestra Seniora de Afrika“. Das hat definitiv Spaß gemacht, hindurchzuschlendern und auch ein wenig einzukaufen.
Eine richtige übliche Großstadt, die zumindest uns, schnell wieder die Flucht ergreifen lässt, nachdem wir ein wenig umhergestreift sind.
Weiter östlich schlängelt sich die kurvenreiche Fahrt hinein ins Anagagebirge. Wunderschön. Die Wanderungen (z.B. diese hier beschriebene) hinunter zur Küste sind bezaubernd, aussichtsreich aber dafür mit ordentlich Höhenmeter versehen. Im Inselosten, wie auch im Norden regnet es deutlich öfter und es ist kühler. Für Wanderungen in diesen Bereich also unbedingt vorher die Wettervorhersagen checken.
Der Norden wurde als ursprünglicher, ruhiger charakterisiert, doch ehrlich gesagt, würde ich sagen, dass sowohl unsere Printausgabe des Reiseführers, wie auch einige der Orte ihre Blütezeit hatten. Wir finden zwar interessant angelegte aber völlig energielose Orte, schlecht gepflegte Promenaden und komplett leere oder völlig schaumige Meerwasserschwimmbecken.
Explizit eine gruselige Appartementanlage trohnt, optisch ein gutes Stück Küstenstreifen verschandelnd, auf einer kleinen Landzunge. Wohnt da aktuell jemand? Also ich meine, wenn man oben rausschaut, ist es bestimmt schön. Aber das Gesamtbild stimmt hier für mich einfach nicht.
Lag das an der Jahreszeit? Sieht das im Sommer, ganz konkret in El Pries und Mesa del Mar anders aus? Ich hoffe das einfach sehr. Irgendwie waren wir hier sogar ein wenig enttäuscht. Der Wochenendmarkt in Tacoronte holt das dafür alles wieder raus. Ein wirklich schöner Bauernmarkt. Falls ihr mal hier seid, lasst euch auf gar keinen Fall von der katastrophalen Parksitutaion irritieren, im Markt selbst bieten die Einheimichen vor allem Gemüse, Fleisch und Backwaren feil. Eines unserer Highlights im Norden.
Wir wollen alles sehen, doch man muss ja nun wirklich nicht alles gut finden. So streifen wir die nächste ebenfalls recht ausgedehnte Stadt im Norden. Puerto de la Cruz. Hier leben circa 30.000 Einwohner. Die meisten Touristen kommen wenigstens einmal hierher, denn in dieser Stadt befindet sich der sogenannte Loropark. Ein Tierpark. Er scheint sehr beliebt, dass wir solche Anlagen verwerflich finden, lässt uns, mit Blick auf die hohe Anzahl der google-Rezensionen, recht einsam werden.
Warum eigentlich?
Wer zum Teufel braucht eine Orkashow, eingesperrte Vögel und dressierte Delphine? Sicherlich ist so etwas interessant anzuschauen und ganz bestimmt, punktet dieser Park als größter Arbeitgeber der Insel, trotzdem muss man sich einfach bewusst machen, dass die Tiere in solchen Parks eingesperrt werden. Ein Orka lebt in der Regel tief im Meer und im Prinzip ist es nicht vorgesehen, dass wir Menschen diese Tiere sehen. Jede einzelne der auf der ganzen Insel sehr aufdringlich vorhandenen Werbungen stimmt uns traurig. Nahezu jeder Papierkorb scheint bestückt. (ja, leider wieder unbezahlte Werbung). Verstohlen schleichen wir lieber über den Stadtfriedhof und erfahren, wie man Verstorbene hier ehrt. Nämlich in Wandregalen, in welchen sehr hübsch Blumen gesteckt sind. Irgendwie fühlt sich diese Information lokaler an, auch wenn sie nicht ganz so unterhaltsam ist, wie ein durch ein Reifen springender Delphin. Ok, jeder wie er mag.
Die Insel ist riesig und 2 Wochen reichen bei Weiten nicht aus, um alle Orte zu besichtigen. So fällt es uns ebenalls nicht schwer, an dem großen Dragobaum ignorant vorbeizufahren, für dessen Besichtigung man mittlerweile 5 Euro nimmt. 5 Euro um einen Baum zu besichtigen? Klar, er mag der größte seiner Art auf der Erde sein, sehr hoch und auch recht gigantisch im Umfang. Aber hey, der hier in Afur war auch total schön und eine wundervolle Belohnung nach einer anstrengenden Wanderung.
Irgendwie werden wir mit einigen Teilen des Norden nicht warm. Wahrscheinlich nur eine Momenaufnahme, denn ein paar schöne Strände und Aussichten haben wir noch gefunden. Darüber berichte ich gesondert. Und sicherlich werden wir mit unserer Einschätzung dem Norden auch nicht gerecht. Finden unsere Freude so richtig aber erst ganz in Nordwesten wieder. Hier befindet sich das Tenogebirge mit wunderschönen Ausblicken. Es gilt als das älteste Gebirge der Insel. Bis gut 1300 Meter hoch stehen die Berge hier über dem Meer. Der Leuchtturm in Punta de Teno ist bei weitem kein Geheimtipp mehr. Immerhin darf man von Montag bis Mittwoch noch mit dem PKW die kleine Serpentinenstraße hinabfahren. Sonst nur mit dem Bus.
Was uns überrascht hat, dass die meisten Touristen nur kurz die Aussicht am Leuchtturm genießen, jedoch, als wir den kleinen Küstenpfad in nordwestlicher Richtung gehen, sind wir fast allein. Die Brandung tobt, nagt am Vulkangestein und lässt uns mehrfahch aufjuchzen. Die Wellen sind zu dieser Jahreszeit einfach der Hammer. Die Wanderung ist nirgends beschrieben aber dank meiner Lieblingsapp maps.me wissen wir, dass ein Weg an der Küste entlangführt.
Anschließend sind wir überrascht von der Ruhe in Buena Vista del Norte. Ein kleines süßes Stadtzentrum und in der Patisserie El Aderno hat uns die Versuchung total. Es gibt den Miniteide aus Mousse zum Vernaschen. Schon wieder ein Hammer. (unbezahlte Werbung wegen Nennung der Patisserie)
Natürlich haben wir die Insel nicht allein an einem Tag umrundet, immer wieder fahren wir in die verschiedenen Richtungen und treten kleine Erkundungstouren an. Von Buena Vista del Norte, also dem Inselnordwesten schlängelt sich, wie soll es anders sein, auch diese Straße serpentinenreich durch das Tenogebirge. Manchmal kommt auch ein Bus entgegen, ganz egal, ob die Sträßchen dafür eigentlich viel zu eng scheinen.
Was gehen muss – geht – scheint hier das Motto zu sein. Da landet schon mal die eine oder andere Touristin mit dem Fahrzeug in der seitlichen Regenrinne. Haben die mit dem Unterboden aufgesetzt? ich war es jedenfalls nicht 😉 solltet ihr das jetzt gerade glauben. Wirklich. Aber an irgendeinem Parkplatz habe ich dann doch das Steuer lieber an Marcus übergeben, denn der hat richtig Spass auf solchen Straßen. Ich sag nur Haarnadelkurven.
Der Touristenrummel gipfelt rund um die heißbegehrte Masca-Schlucht. Und das, obwohl sie, nach der unvernünftigen missglückten Wanderung mit anschließender Rettung einiger Deutscher, derzeit geschlossen ist. Schade, denn eine meiner Kursteilnehmerinnen hatte mir noch mitgegeben, dass ich unbedingt hier mal wandern solle. Es nieselt und so ergibt sich zumindest ein mystischer Blick in die Schlucht, dann geht unsere Fahrt schon weiter.
Im Osten erstreckt sich der Küstenstreifen namens Costa Adeje. Absolut so gar nicht das, was wir zur Erholung bauchen. Da können auch die gigantischen Klippen Los Gigantes nichts dran ändern.
Eine Appartementanlage reiht sich an die nächste. Das geht hinuner bis um den südwestlichsten Zipfel rundherum. Verständlich. Denn der tägliche Blick in die Wetterapp zeigt, hier ist es am wärmsten und es regnet eher selten. Ziemlich verlässliches Urlaubswetter. Das war auch er Grund, warum wir doch so eins zwei Mal in dieser Ecke aufschlugen. Mal abgesehen vom Massentourismus, gibt es in diesem Inselbereich natürlich einige Natursehenswürdigkeiten.
Die meisten noch kostenlos, nicht schlecht gestaunt haben wir über den Eintrittpreis von 8.50 für den Barranco del Infierno. Der Andrang ist so groß auf diese Schlucht, dass man mittlerweile seinen Eintrittsslot am besten online vorbuchen muss. Mit etwas Glück spielen dann auch Wetter und Seismologie mit ….ansonsten kann es auch sein, dass kurzfristig der Zutritt abgesagt wird. Alles nix für uns, wir lieben es spontan – auch auf die Gefahr hin, dass wir den einzigen Wasserfall der Insel und die geniale Schlucht nicht sehen. (stimmt auch nicht ganz – doch darüber werde ich noch berichten) Der Inselsüden wartet dann noch mit El Medano, dem Surfer- und Kiterparadies
sowie dem herausfordernden Gipfelchen Montana Roja auf. Ein Aufstieg wird mit einem schönen Rundumblick über die Südküste belohnt.
Absolutes Muss ist ein Besuch der schönen Basilika de Nuestra Senora de Candelaria. Mit bisschen Glück erhascht man sogar von der Autobahn einen Blick.
Um es kurz noch einmal zusammenzufassen. Wer Sonne und Massentourismus mag, besucht die Costa Adeje im Westen. Wer gerne wandert bucht sich in der Nähe eines der Gebirge ein. Entweder Tenogebirge im Nordwesten oder Anagagebirge im Osten. Wer gerne alles sieht und eine gesunde Inselmischung möchte, macht mit einer Unterkunft im Süden nichts falsch. So sind alle Richtungen gut erreichbar. Je höher die Unterkunft am Hang liegt, desto ruhiger ist es, da sich dann der Verkehrslärm der Autobahn immer mehr ausdünnt. Je höher man wohnt, desto eher kommt man in ländliche Einheimischengebiete. Das heißt – hier wohnen dann vor allem auch Hunde und Hähne. Gegen eine frühmorgendliches Kikerikikonzert sollte man also gewappnet sein. Dafür ist der Weg in den Teide Nationalpark nicht so weit.
Auch wenn ich an einigen Punkten in diesem Beitrag etwas kritisch war …. verkörpern wir mal unsere grundlegende Stimmung zu dieser Insel:
Wir hoffen, dieses kleine Portrait hat Euch gefallen. Was habt ihr auf Teneriffa erlebt, was hier so keinerlei Erwähnung gefunden hat? Stimmt ihr zu? Oder was möchtet ihr gern mit den Lesern von Tripp-Tipp.de teilen? Schreibt es gern in die Kommentare – oder als e-mail an sandrahintringer@aol.com
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