Tripp Tipp

China 2011

Lesedauer 14 Minuten
Mit dem Rucksack durch China - 2011
Mit dem Rucksack durch China – 2011

Unsere Route:

Berlin Tegel – München – Peking – warten und hoffen – Peking – Peking – …denn Tibet “was closed” und so disponierten wir unsere Reise kurzerhand um – Xi´an – Lanzhou – Xiahe – Tongren – Xining – Shanghai – Souzhou – Nanjing – Peking – München – Berlin

Reisezeit:

Juni 2011

Wir reisen zu dritt. Zwei Frauen, ein Mann. Jeder ein Rucksack 🙂 …. ach nein. Jeder einen großen und einen kleinen Rucksack.

Es geht los ….

…es ist heiß und wir schleppen unsere voll gepackten Rucksäcke durch Peking. Mit dem Flughafenschnellzug fahren wir zur Haltestelle Dongzhemen. Gott sei Dank haben wir einen Kompass, denn so wissen wir wenigstens, in welche Richtung wir aus dem U-Bahnhof rauslaufen müssen.

Wir finden sogar unser erstes Hotel im Dongchen District.

Hutong in Peking
Hutong in Peking

Frühstück im Hutong (ursprüngliches Wohnviertel) und so verschlafen wir auch sind, die Kraft hat gereicht, eine gemütliche Dachterasse ausfindig zu machen. Nach einem kurzen Nickerchen brechen wir auf und suchen ein tibetisches Reisebüro, denn eigentlich würden wir gern nach Lhasa. Dazu benötigen wir ein sogenanntes Permit. Die Einreiseerlaubnis.

Wir haben dieses Reisebüro nicht gefunden. Individuell durch China reisen heißt, viel laufen, suchen und eben auch verlaufen und nicht finden. Nie war mir das Sprichwort: “Der Weg ist das Ziel” näher als hier, denn diese Reise ist ein Wahrnehmen des landesüblichen Alltags.

Auf der Suche nach dem Reisebüro...
Auf der Suche nach dem Reisebüro…

Wir fahren mit der Untergrundbahn Nummer 5 und wollen uns ein originales Restaurant suchen. Ausstieg Beixinqiao. Wir haben die Sprachbarriere unterschätzt. Schöne leuchtende Lampions machen uns auf eine quirlige Kneipe aufmerksam. Sie ist so beliebt, das man zunächst draußen auf kleinen Sitzwürfeln Platz nimmt, Pistazien knabbert und die Schalen einfach runterwirft. Irgendwann wird die gezogene Nummer aufgerufen. Tja und ab dem Moment wurde uns klar, wir werden ewig sitzen, denn wir verstehen ja leider nicht, wann wir aufgerufen werden.

Wir bummeln also weiter und werden in einem Lokal platziert. Das ist ein deutlicher aber sehr angenehmer Unterschied zu Deutschland. Platziert werden. Sofort bekommen wir grünen Tee, der ist immer inklusive. Das wortlose Anheben der Tasse signalisiert den Nachfüllwunsch.

Die zahlreich anwesenden Kellner sind wahnsinnig aufmerksam. Daran muss man sich am Anfang etwas gewöhnen, ständig beim Essen beobachtet zu werden. Und ja, es kann tatsächlich passieren, das zwei junge Bedienungen auch mal kichern – über die langnasigen Touristen. Aber das ist immer freudige Neugier und niemals böse gemeint.

Unter dem Nachbartisch liegt ein Hühnerbein. Abgeknabbert natürlich. Auch auf der Sitzbank liegen noch Fleischreste. Wir beobachten, wie die Kellnerin einen Tisch abräumt. Einfach alles samt Tischdecke hochheben und in den Müll. Anders geht es auch gar nicht, denn wenn eine chinesische Mahlzeit beendet wird, kann es echt eklig auf solch´einem Tisch ausschauen. Für uns gefühlt keine Tischmanieren. Hier jedoch Ausdruck von Genuß.

Nun bekommen wir jeder ein eingeschweißtes Paket hingestellt. Wir staunen nicht schlecht. Teller, Tasse, Besteck – oder vielmehr Stäbchen, Erfrischungstuch. Alles drin. Das ist mal ´ne Müllbilanz. Anhand der Bilder haben wir uns ein paar Speisen ausgesucht. Dank meines speziellen Wörterbuches (*)Mandarin Phrasebook (Phrasebooks), konnte ich immer und überall die Schriftzeichen oder vielmehr die Wortphrase:

“Ich bin Vegetarierin”

vorzeigen.

Das hat hervorragend funktioniert. Wir genießen ganz ungewöhnliche Speisen. Mut zum Ausprobieren solltet Ihr auf dieser Reise mitbringen.

Snacks in China
Snacks in China

Bei uns hat sich folgende Variante recht gut bewährt – irgendwo einkehren und auf leckeres Essen hoffen.

Die Anpassung an die andere Zeitzone bescherte uns eine extrem lange Nacht. Neue Hoffnung ist nun in uns. Auf der Suche nach dem Permit, wollen wir es in Leo´s Hostel versuchen. Dieses befindet sich in einem weiteren sehenswerten Hutong nur 10 Minuten fußläufig des Tian´anmen Platzes. Wir finden es problemlos, doch leider auch hier nur die enttäuschende Auskunft: Tibet geschlossen. It´s closed. Unser Traum schwindet. Auf den Seiten des auswärtigen Amtes war davon leider nichts zu lesen, insofern waren wir einfach nur froh, keine Tour vorgebucht zu haben, denn die hätten wir ohne diese Erlaubnis ohnehin nicht antreten können.

Wir machen uns nochmals bewußt, der Weg ist das Ziel und nutzen die Zeit in dieser geschichtsträchtigen Stadt. Winzig klein kommen wir uns auf dem riesigen, ungefähr 40ha großen Tian´anmen Platz vor. Der Platz des himmlischen Friedens. Auf in den Kaiserpalast. Es ist auch hier direkt schon vorm Eingang gut voll, quirlig, ständig will einer ´ne Tour anbieten. Es gibt allerlei jahrmarktähnliche Stände. Nix. Wir kaufen uns einfach unser Ticket und wandern einfach mal in die “Verbotene Stadt” hinein. Überwältigende Architektur. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts lebten und wirkten hier die Kaiser. Nun gilt dieser Ort als Weltkulturerbe. Weiter geht es danach in den nördlich angrenzenden Jingshan Park. Von dessen Hügel haben wir eine wunderbare Sicht auf die Verbotene Stadt. Direkt daneben erkunden wir noch den Beihaipark und besichtigen die dort befindlichen historischen Bauwerke.

Beim anschließenden Essen sitzen wir am Ufer eines kleinen See´s. Auch ein Kneipenbummel schließen wir noch mit an und dann ist unsere Neugier für diesen Tag ob der wahnsinnigen Fülle an Eindrücken gestillt.

Neuer Tag, noch mal neues Glück.

Wir haben wieder Hoffnung und gehen nun zur Botschaft. Das klingt immer alles einfach, nimmt in der Realität viel Zeit in Anspruch. Adresse finden, Gepflogenheiten vor Ort aus dem Kontext erschließen, warten, Anliegen erklären und hoffen, das man versteht, was einem erklärt wird. Doch auch hier – wieder Fehlanzeige. Wir bekommen lediglich die Information über ein weiteres Büro, doch auch dieses läßt sich nicht finden. Wir nutzen den Tag und besichtigen außerdem noch das Olympiagelände. Eigens für die Sommerspiele 2008 gebaut bummelten nun vorrangig Touristen über das Gelände, dessen Herzstück das als Vogelnest bezeichnete Stadion bildet.

Das Olympiagelände in Peking
Das Olympiagelände in Peking

Bevor ich das erste Mal in China war, hatte ich Bilder von Pagodendächern, speienden Löwen und symbolhaft reich verzierte Fassaden im Kopf.

Doch alles geht hier wahnsinnig schnell. Die moderne Architektur kommt, kaum das der Staub vom Abriß alter Gemäuer verpflogen ist. Fast ein bißchen schade. Es dämmert allmählich und unser Rundgang führt uns über einen Nachtmarkt. Hier kann man glasiert oder gegrillt kaufen was zuvor durch schwüles subtropisches Klima kroch oder flog.

Snack
Snack

Wir besichtigen das Operngebäude bei Nacht und nochmals dem Kaiserpalast. Es beginnt zu regnen und während wir schlafen, hören wir, das aus diesem Regen unglaubliche Wassermassen über der Stadt ergehen.

Blauer Himmel über Peking

Sagenhaft. Während wir zum Frühstück schlendern (nebenbei bemerkt, wir wissen noch nicht, wo und vor allem was wir frühstücken werden) staunen wir über blauen Himmel. Das ist in Peking extrem selten, denn der wohlberühmte Smog, bildet quasi eine zweite Wolkendecke. Wir laufen einfach paar Einheimischen hinterher und setzen uns in einem Bistro. Hier wird nicht bedient, am Eingang holt man sich monetär kaum zu bemerkende Teigtaschen, welche dann in eine leicht scharfe Sauce getaucht werden. Wir freuen uns über diese minimalistischen Umstände, sitzen an einem großen runden Tisch und beobachten natürlich verstohlen die Einheimischen.

Unser heutiges Ziel ist spektakulär. Wir wollen zur Großen Mauer. Es gibt verschiedene Abschnitte oder auch Sektionen.

Mit der Gondel hinauf auf die Große Mauer.
Mit der Gondel hinauf auf die Große Mauer.

Jinshaling ist eine etwas ruhigere Ecke. Es ist mein zweites Mal und so müssen wir nicht lange nach einem normalen Bus suchen. Am Busbahnhof Dongzhemen fährt der 980 Bus. (Stand 2011). Im Gebäude. Im Zweifel könnt Ihr einfach die Zahl auf einen Zettel schreiben und den Busfahrern zeigen. Folgt dann einfach deren Handbewegungen und laßt Euch nicht beirren, wenn ihr immer wieder zu einer Fahrt mit dem Taxi aufgefordert werdet. Es gibt zwar auch einen sogenannten Touristenbus, aber bei diesem ist nicht ganz klar, wann er fährt. Außerdem ist er natürlich teurer. Fahrt ca. 1 Stunde bis Miyun. Tja – und da haben wir wieder ein Problem. wir wissen nicht wirklich, wo wir aussteigen müssen. Dennoch – an jedem Halt rufen eifrige Taxifahrer in den Bus …so eben auch in Miyun und dann stehen wir letztendlich doch an der richtigen Stelle. Von hier aus muss man noch ein wenig mit dem Taxis fahren und so haben wir dann mit Strichmännchenzeichnung verhandelt, was die Fahrt kosten soll und los ging es.

Und nun kommt es. Wir müssen in eine Gondel seigen. so etwas kenne ich sonst nur aus den Alpen und voll elektronisch. Hier wird per Hand unsere kleine grüne Blechkabine von außen verriegelt. Können wir nur hoffen das die Person, die oben öffnen soll, nicht gerade schläft.

Auf der Großen Mauer
Auf der Großen Mauer

Und dann stehe ich ein zweites Mal in einem Moment, den ich bis heute nicht vernünftig in Worte fassen kann. Dieses Bauwerk ist so monumental und strahlt diese unscheinbare und doch erhabene Präsenz aus, das man einfach nur stehen und schauen und gehen und wieder staunen kann. Seit ich dort war, ist dieses stete Auf – und Ab des Gemäuers fast schon ein bildliches Mantra für mich geworden. Auf und Ab …..mal leicht, mal schwer, mal steil, dann wieder ebener, gleich etwas unwegsam und damit nur über kletterndes Laufen zu bestreiten. Wie mein eigenes Leben. Und damit finde ich just in diesem Bild, welches ich fest in meinen Gedanken gespeichert habe, immer wieder Halt und Motivation. Ich bin dankbar an vielen Orten gewesen zu sein – aber dieser Ort ist ein ganz besonderer.

Ziemlich unwegsam die Große Mauer
Ziemlich unwegsam die Große Mauer
Soweit das Auge blicken kann - die Große Mauer
Soweit das Auge blicken kann – die Große Mauer

Zurück in Peking suchen wir nun eine Möglichkeit, einen Weiterflug zu buchen. Das heißt, wir besuchen ein Internetcafe und unter Vorlage und Registrierung unseres Ausweises ist es überhaupt kein Problem. Bei Elong.com oder ctrip lassen sich Flüge und Unterkünfte preiswert buchen.

Nächste Station für uns Xi´an. Ursprünglich war hier mal der Beginn der Seidenstrasse und soll das der Grund sein, warum diese Stadt zu den reichsten in China gehört? Und tatsächlich, man kann es den Einwohnern sogar ansehen. Sie wirken etwas korpulenter.

…doch bevor wir überhaupt das Vergnügen hatten, hier anzukommen, gab es in Peking etwas Aufregung. Bei unserer abendlichen Internetbuchung haben wir völlig übersehen, das wir nicht vom Pekinger International Flughafen abfliegen, sondern von einem kleineren. Kein Taxi hält für uns. Die Zeit drängt. Wir wissen nicht so genau, wie lange wir bis zum Flughafen fahren. Die Zufahrtsstraße scheint auch eher wie ein Feldweg und bis zuletzt zweifeln wir, ob unser Flieger auch wirklich von hier geht. Dann schaffen wir es doch noch und scheitern beim check in wegen eines 3cm großen Feuerzeugs im großen Rucksack. Wohlgemerkt nicht im Handgepäck. Alles auspacken, Corpus delicti abgeben, einpacken, hechel hetz und dann verzögert sich der Flug doch noch um ganze 2 Stunden. Das beschert uns zumindest Momente der Ruhe bei einem Flughafencafe. Später stehen wir direkt auf dem Rollfeld als uns unser Pony durch eine startende Maschine verwüstet wird. Meine Herschaften, was für eine Aufregung….

Wir wandern wieder eine Weile umher, bis wir in einer kleinen Gasse unser unscheinbares Hotel finden. Die Familiensuite für 24 Euro für 3 Leute ist voll in Ordnung nur die Verständigung an der Rezeption gibt trotz der vorliegenden Vokabelhefter Probleme. Egal. Unser Bett haben wir ja. Unser Einstiegsrundgang führt uns zum Trommelturm und auf einen kleinen moslemischen Markt. Wir erfahren chinesische Ehrlichkeit als uns eine verlorene Uhr hinterhergetragen wird und erfreuen uns an leckeren Sesambällchen, welche hier häufig am Straßenrand verkauft werden.

Was gibt es noch außer den Terrakottakriegern in Xi ´an?

Den Hua Shan. Auf diesen Berg wollen wir hoch und fahren mit dem Touristenbus bis zu dessen Fuße. Glaubt man dem Reiseführer, wälzen sich unglaublich viele Menschenkolonnen den Berg entlang. Wir hatten Glück, denn den Aufstieg von ganz unten machen die wenigsten. So wanderten wir also auf einem mit Beton ausgegossenen Weg und bewältigten die steilsten Treppen, welche ich je in meinem Leben gehen mußte. Die chinesischen Touristen waren eigentlich alle mit weißen Handschuhen unterwegs, die Stufen fassten vielleicht die Hälfte unser Fußlänge. Nicht ganz die DIN-Norm. Generell war es schön ruhig auf diesem Weg, doch plötzlich begann Stimmengewirr, Gejohle und Gekreische. Bergstation in Sicht und damit unzählige Liebe bekundende Schlösser und rote Schleifen an Geländern. Menschen über Menschen.

Auf dem Hua Shan
Auf dem Hua Shan

Doch noch die Terrakottaarmee?

Das erste Mal auf unserer Reise trennt sich heute unser 3-köpfiges Team. Terrakottaarmee oder Stadtmauer von Xi´an. Ich entscheide mich für die größte Stadtmauer China. Ich hab´totale Lust die ungefähr 13 km mit dem Rad zu erkunden.

Stadtmauer von Xi´an
Stadtmauer von Xi´an

Die Räder gibt es oben auf der Mauer und in gut 90 Minuten haben wir die von diesem gigantischen Wall umgebene Altstadt aus allen Richtungen von oben gesehen. Auch dieses Bauwerk scheint mir einzigartig. Geschätzt würde ich sagen mindestens 15 Meter breit, gute 10 Meter hoch und ringsherum außen umgeben von einem schmalen parkähnlichen Grünstreifen. Manchmal sehen wir Bänke, mal unzählige Tischtennisplatten nebeneinander. In jede Himmelsrichtung zeigt ein mächtiges Tor. Türmchen und rote Lampions verleihen ihr den historischen Charme.

Historische Stadtmauer von Xi´an
Historische Stadtmauer von Xi´an

Wir steigen wieder von die Mauer und lassen uns ein wenig durch die Gassen treiben. Ein Künstlerviertel tut sich auf und bei einem Bücherantiquariat finden wir ein spannendes Buch über die Herleitung der chinesischen Schriftzeichen. Pinyin nennt man diese Zeichensprache und so ganz genaue Angaben lassen sich nicht wirklich finden, wieviele es insgesamt gibt. Umfangreiche Wörterbücher listen schon Zeichen jenseits der 80.000 auf. Kaum vorstellbar. Schriftsetzer, Maler, Bildhauer vertreiben hier wunderschöne Sachen.

In den Gassen von Xi´an
In den Gassen von Xi´an

Übernachtung im Zug nach Lanzhou

Unterfangen Kauf einer Zugfahrkarte ohne chinesische Sprachkenntnisse. Mittlerweile trifft man zwar häufiger Leute in China, welche gutes Englisch sprechen. Doch es ist auf keinen Fall selbstverständlich. Zugfahrkarte kaufen ist ein aufregender Moment.

Generell gibt es in jedem Bahnhof, so also auch hier in Xi´an die Schalterhalle und die Wartehalle. In die Wartehalle kommt man nur mit einem gültigen Ticket. Also suchen wir zunächst die Schalterhalle.

Manchmal gibt es einen Schalter für schlecht chinesisch sprechende Ausländer. Den sehen wir hier schon mal nicht. Wir wissen im Moment, das wir mit dem Softsleeper nach Lanzhou fahren wollen (es gibt auch noch hard sleeper, soft seat und hart seat).

Mehr wissen wir im Moment nicht. Mit der Anzeigetafel können wir trotz unserer Bemühungen, Schriftzeichen zu vergleichen, nicht soviel anfangen. Also stellen wir uns einfach mal an eine der relativ langen Schlangen an. Irgendwann sind wir dann dran und stellen unsere erste und mittlerweile Standardfrage: Sprechen Sie Englisch?    ……und man glaubt es kaum ….die Dame hinter dem Schalter verschwindet kommentarlos und kommt 5 Minuten lang nicht wieder.

Was tun? Wie sollen wir das deuten? Irgendwann kommt sie doch wieder. Im Schlepptau eine englisch sprechende Ticketverkäuferin, welche uns ziemlich schnell klar macht, das der Zug schon ziemlich voll ist und nur noch teure Tickets zu haben sind. Viererkabinen, das Gemeinschaftsbad ist jeweils am Ende vom Wagen. Gekauft. Dann geht es in die Wartehalle und erst wenn der Zug kurz vor Einfahrt ist, dürfen die Massen auf den Bahnsteig.

Doch glaubt nicht, das man sich auf dem Bahnsteig irgendwohin stellt. Ziffern und Pfeile auf dem Boden sorgen dafür, das man direkt vor dem richtigen Wagen steht. Wahnsinnsorganisation. Bin schwer beeindruckt. Proviant haben wir bei uns. Könnte man auch im Zug kaufen. Es gibt immer einen Heißwasserspender, wo man sich die sogar von der Bahn bereitgestellten Instantsuppen zubereiten könnte. Wir verschenken unsere und essen lieber das mitgebrachte Obst. Dann kuscheln wir uns in unsere superleichten Seidenschläfsäcke und ziehen die bereitgestellten Decken noch drüber.

Morgens kommen wir in Lanzhou an. Es ist kühl und wir suchen wieder. Diesmal den Bus, welcher uns nach Xiahe mitnehmen soll. Und ja – manchmal kann man auch ein wenig verzweifeln, denn die öffentlichen Busunternehmen oder vielmehr deren Angestellte schütteln verneinend hinter dem Schalter den Kopf.

Die wollen uns also nicht befördern. Oder sie verstehen uns nicht. Wer weiß.

Fakt ist, das sie uns kein Busticket verkaufen. Unsere Ratlosigkeit erzeugt Aufmerksamkeit und es ist uns leicht unangenehm, als sich eine Gruppe von Männern um uns scharrt, welche anhand unserer Laute versuchen herauszubekommen. Wir sagen also immer nur ein Wort: Xiahe. Mehrmals. Und irgendwann wiederholt einer der Männer den Ort in Landessprache.

Das klingt dann ungefähr so: „Xiache“ …..

Sofort können wir ein Ticket für die vierstündige Fahrt buchen. Bald schon geht es auch los. Irgendwo heult ewig ein Baby. Dann stehen wir im Stau und irgendwann schrauben wir uns so allmählich auf 3000 Meter.

Auf dem Weg nach Xiahe - aus dem Bus fotografiert
Auf dem Weg nach Xiahe – aus dem Bus fotografiert

Wir fahren in einen Ort, wo große runde Brillen hergestellt werden und siehe da, enorm viele Bewohner haben eine solche Brille auf der Nase. Der Bus hält. Toilette. Aber was für eine. Kleine Mauern trennen die finsteren Buchten ab. Fliesend Wasser ist nicht. Klospülung mit Schöpfkelle. An dieser Stelle bin ich froh über das stets mitgeführte Desinfektionsflächchen. Dann geht die Fahrt weiter im Hochland. Doch eines hat man uns nicht mitgeteilt. Wir müssen umsteigen.

Irgendwo im Nirgendwo dürfen wir in einen viel kleineren Bus. Er ist so voll, das für mich nur der Platz ganz vorn auf den Taschen bleibt. Blickrichtung in den Bus. Ich schaue in 25 große fast schon mongolisch anmutende und doch irgendwie kindlich neugierige und damit ungeniert schauende Augenpaare. Wir beäugen uns gegenseitig. Andersartigkeit hat schon immer Blicke angezogen aber die Typen sehen echt etwas verwegen aus. Und irgendwie gucken Sie mich auch an, als wären sie verliebt. Was für eine Busfahrt. Zudem noch serpentinenreich. Gegen nachmittag erreichen wir Xiahe und buchen uns in ein tolles Hostel ein. Blick Richtung Klostergelände Labrang samt Gebetsmühlen.

Stupa mit Pilgerern
Stupa mit Pilgerern

Xiahe mit Kloster Labrang

Toller Ort. Hier im Hochland leben vor allem die Minderheiten wie Tibeter, Mongolen, Salar oder die Hui um nur einige zu nennen. Doch bevor wir ihn so richtig erkunden können, werden banale Reisenotwendigkeiten erledigt. Wäsche per Hand waschen und Suppe (Thukpa – original tibetische Nudelsuppe) essen. Dann gehts Richtung Kloster Labrang. Sofort bemerken wir das komplett veränderte Klima. Die Luft ist glasklar, kalt und verdammt trocken. Dafür erreicht uns hier eine nie gefühlte UV-Strahlung. Trotz bedecktem Himmels gibt es Sonnenbrand. Das Klostergelände ist generell offen. Es hat Kleinstadtcharakter. Hier und da sehen wir die ersten Mönche. Dieses Kloster ist wohl mit eines der größten des tibetischen Buddhismus. Mittlerweile leben wohl an die 2000 oder mehr Mönche wieder hier.

Eine der unzähligen quietschenden Gebetsmühlen
Eine der unzähligen quietschenden Gebetsmühlen

Morgens gegen 10.00 oder so, gibt es eine geführte Tour durch das Kloster. Mit etwas Glück – und wir hatten Glück – findet dann grad eine Zeremonie statt. Das heißt unzählige Mönche strömen in den Hof. Auch eine feierliche Gemeinschaft von Anwohnern kam grad an.

Im Tempel selbst ist fotografieren verboten aber man kann das chanten der Sutren hören. Herrlich.

Und alles riecht so lecker nach Yakbutter. Fairerweise muß man erwähnen, das sich bei solch einer Tour natürlich zahlreich Touristen einfinden. eE ist dann hier und da ein wenig Gerammel. Mal ist es auch lauter als es dem religiösen Ort vielleicht angemessen wäre und dennoch ist auch Tourismus eine Einnahmequelle für ein Kloster. Wir verstehen den jungen Mönsch, welcher die Führung macht nicht besonders gut. Er scheint ein wenig aufgeregt und schreit förmlich in sein Headset, doch wir erkennen vieles selbst. Sehen unter anderem die Maitreya-Halle von außen, Thangkas (Bilder, welche aufgerollt werden können und auf welchen Buddhas, Mandalas oder Boddhidsattvas abgebildet sind). Überall hängen Katas. Das sind weiße Glücksschals. Eine wirklich nette Geste, denn beim Überreichen zeigt man damit Ehrerbietung und friedliche Absichten an.

Ganz nah bei den Mönchen
Ganz nah bei den Mönchen

Um das Kloster herum führt ein Weg. Die sogenannte Kora. Wir machen uns auf den Weg dieser Kora und mischen uns unter die Pilgerer. Es gibt hier eine große Runde, welche auf eine Anhöhe führt und eine Kleine. Einige von ihnen gehen ganz normal.

Andere absolvieren die Strecke folgendermaßen: Hinlegen auf den Bauch – Arme lang ausstrecken – Aufstehen – Füße genau dahinstellen, wo vorher die Fingerspitzen waren und wieder hinlegen ….und so weiter und so fort. Auch durch die Nacht oder quer über die Straße, wenn es sein muß. Die ganz Verrückten machen dies sogar quer zum Weg.

Beeindruckend.

Wir erlauben uns einfach mal an einigen den Gebetsmühlen zu drehen. Man braucht schon bißchen Kraft. Pilgerer drehen jede. In einer jeden verbirgt sich ein Mantra oder auch ein Gebet, welches durch das Drehen aktiviert wird. Ständig begleitet uns auf dieser Runde das sanfte Quietschen dieser Mühlen sowie das Murmeln der Pilgerer. Om mani padme hum sprechen sie und greifen bei jeder Wiederholung eine Perle an ihrer sttets 108 Kugeln zählenden Gebetskette. Mala heißt eine solche Kette und 108 ist im Buddhismus eine heilige Zahl. Das Laufen einer solchen Kora stellt ein Ritual dar und soll Erlösung und Segen mit der Auslöschung oder Aussühnung mit den gegenwärtigen Sünden geben.

Das Klostergelände ist riesig und genau das entzaubert uns ein wenig. Mönche fahren Auto, telefonieren mit dem Handy und hantieren mit dem Laptop. Wir treffen sie im Restaurant beim Pizza essen und sehen, wie sie kichern, als wir unsere Bestellung abstottern. Und dann hebt auch noch einer seinen Rock und – entschuldigung der Direktheit – pinkelt er mitten auf die Straße. Menschlich, weltlich …befreiend und irgendwie auch lustig.

Am Abend kehren wir natürlich in ein traditionelles Lokal mit tibetischer Küche ein. Es gibt Tsampa und Yak Momos außerdem noch Reis mit Yamswurzel, Zucker und Zimt. Dazu Gewürztee. Ungewöhnlich aber doch stärkend und gut. Tsampa ist übrigens nicht nur in den tibetisch bewohnten Regionen ein Grunnahrungsmittel. Geröstetes und zu Mehl gemahlenes Getreide wird mit Tee und Yakbutter zu einer klebrigen Masse vermischt.

Keine Kommentare

  • Oh, ist das richtig, dass der Bericht so mittendrin aufhört? Fand ihn bislang sehr interessant, weil ich die Orte selbst schon besucht habe.
    LG
    Ulrike

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    • Hallo Ulrike. Ja – leider, so wie ich es bei Facebook schon schrieb … er ist leider rudimentär. Lg Sandra

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