Panometer Leipzig – Carolas Garten im 360° Panorama
Besondere Tage, besondere Begegnungen, besondere Dinge – manchmal ist das Leben so ganz besonders schön. Wie meins vor paar Tagen. Ein ganz spezielles Datum brachte mich für ein paar Stunden in meine Heimatstadt Leipzig und wie es der Zufall so will, stand der Besuch des Panometers auf dem Plan. Geh ich doch mal mit, dachte ich mir….
Das Panometer Leipzig ist ein ehemaliger Gasbehälter. Oft werden diese Gasometer genannt, doch das ist nicht ganz korrekt. Der Gasometer ist eigentlich nur die Füllstandsanzeige, welche riesig groß außen am Gebäude angebracht war. Am Panometer Leipzig kann man diese Anzeige auch heute noch rechts vom Haupteingang sehen.
Unkompliziert haben wir auf dem kostenfreien Parkplatz ein Plätzchen gefunden und stehen also unmittelbar vor diesem 1910 gebauten, beeindruckenden Gebäude. An seiner höchsten Stelle misst es 49,4 Meter. Der Außendurchmesser misst knapp 57 Meter und das gesamte Fassungsvermögen beläuft sich auf 54 000 Kubikmeter Gas. Nur schwer vorzustellen.
Leichter fällt mir, diesen Raum als Ausstellungsraum wahrzunehmen. Durch ein paar Stellwände gelangen wir in die einleitende Galerie, welche um die 100 Exponate umfasst. Fotos, Acrylmalerei, Zeichnungen und auch Aquarelle. Hier wird deutlich, wie sich Asisi dem Thema der Ausstellung angenähert hat. Die Wände sind in schwarz, zumindest dunkel gehalten, hier und da lugen ein paar rote Backsteine durch. Der alte Industriecharme zieht noch immer. Mich zumindest.
Auf einer ersten Schautafel erfahren wir, dass Carola eine ehemalige Angestellte im Panometer war. 2015 ist sie leider verstorben, doch bis dahin war sie mit voller Hingabe und Geduld in ihrem Job tätig. Man vermutet, dass sie sich die Kraft dafür in ihrem Garten holte. Die letzten 3 Jahre verbrachte der Künstler Yadegar Asisi viele Stunden in diesem Garten und versteht ihn als Metapher für das menschliche Werden, Wachsen und Vergehen. Dann lässt er die Aussellung „Carolas Garten“ entstehen. Ein Garten, in der das Wunder des Lebens aber auch die Gefährdung des wundervollen Paradieses deutlich wird.
Eine Schulklasse wird an einem Schaubild einer Wiese vorbeigeführt. Es geht um Bienen und die Leiterin sagt fragend in die Klasse: „Ihr esst doch alle gern Honig, oder?“ …. ein mehrfaches Neeeeeeein ist zu hören. Uuuups. Da hätte sie glaube ich gern was anderes gehört. Wir schmunzeln und lassen die weiteren Bilder auf uns wirken. Weiter hinten wird ein Dokumentarfilm gezeigt, dafür reicht unsere Zeit heute leider nicht. Ein Grund, wiederzukommen.
Doch die Geräusche aus dem Hauptraum ziehen uns magisch an. Sanfte Musik, eigens komponiert von Eric Babak. Wir treten ein – überwältigend groß, hoch, doch noch können wir nicht so viel erkennen. Gerade ist es Nacht. Ich war bisher nur in 3 Ausstellungen von Asisi. Doch Tag und Nachtzyklen ziehen sich wie ein roter Faden durch. Dabei sind wir doch so neugierig – lass es bitte schnell Tag werden. In der Zwischenzeit steigen wir den 15 Meter hohen Besucherturm schon mal hoch. (die Treppe dazu ist beleuchtet). Die Vögel beginnen zu zwitschern, der Hahn kräht und wir werden ihn heute noch oft krähen hören. (hier mal der Trailer bei Youtube – mit Hahn) Es ist Tag und ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Magisch anmutende Farben, mein Auge sucht und erholt sich zugleich.
Die Details auf dem Panorama ziehen und halten unseren Blick gut über eine Stunde. Tagsüber suchen wir das Gemälde mit den Augen ab, nachts switchen wir auf unsere Ohren. Frösche quaken, irgendwo sowas wie Donnergrollen und dann werden noch ein paar Zeilen eines Gedichtes gesprochen …. (den vollständigen Text gebe ich euch mal unter dem Beitrag) …und irgendwann kräht wieder der Hahn. Auf allen 3 Etagen des Besucherturms gehen wir rundherum. Immer wieder zeigen sich neue Details im Bild, welches wirklich aufregend und natürlich in künstlerischer Freiheit gestaltet ist. Überdimensionierte Größenverhältnisse oder Umstände, welche so in der Natur nie vorkommen, sind geschickt kombiniert. Willst Du mal eine 25 Meter große Honigbiene sehen? Bei Asisi geht das… schau dir für die Relation auf dem Bild einfach mal die Biene und das kleine Kind an. Irre gemacht.
Jetzt mal noch paar Fakten. Dieses Rundgemälde zählt als eines der derzeit weltgrößten im Maßstab 1:1 und hat eine Bildfläche von 3200 Quadratmeter. Die Leinwände sind 32 Meter hoch. Um es noch genauer zu machen – die Bilddatei umfasst wohl 37 Gigabyte, unzählige Bildebenen wurden letztendlich auf 37 Stoffbahnen aufgebracht.
Immer wieder zeigen wir mit dem Finger irgendwohin, um sicherzustellen, dass die anderen das versteckte Detail auch gesehen haben. Hier kraxelt eine Zecke am Blütenstengel empor, da lugt eine kleine Spielzeugharke unter dem Grün hervor und weiter unten, da wo die Zerstörung des Paradieses dargestellt ist – liegt zwischen viel Kompost und Müll ein Kadaver, aus welchem die Maden krabbeln. Doch in allererster Linie schweifen unsere Augen oben herum – in den wahren Wundern des Lebens.
Irgendwann schnalle ich, der Mohn blüht so schön – wir haben mitten im Sommer. Ach halt. Weiter hinten blüht ein Baum – da ist der Frühling. Achso – und da hinten ist Herbst, da färben sich die Blätter….ja – ich schnalle, dass das die Jahreszeiten sind. Doch wo ist der Winder? Ich kann ihn nicht finden… erst später, als wir die Bilder am Computer anschauen, haben wir einen richtigen krassen AHA-Effekt.
Und deswegen machen wir mal einen kleinen Blogquiz. Wer von euch war oder geht noch in die Ausstellung und findet den Winter? Die Lösung kommentiert ihr bitte unter diesen Beitrag in die Kommentare – dem Gewinner winkt eine schöne kleine Überraschung aus Potsdam.
Dann kommt die Schulklasse hoch. Natürlich sind alle mit einem Handy bewaffnet und ich luge mal rüber, um zu gucken, was die so fotografieren… und …gestehe – klaue mir die Idee eines Jungen und zoome die Augenpartie der Katze ran. Wow …. da offenbart sich noch was … doch was, auch das verrate ich nicht, weil es einfach so Hammer ist …. ich finde keine weiteren Worte, um meiner Begeisterung auszudrücken. Wenn du kein Fotoapparat oder Handy zum zoomen hast – am Eingang kann man Ferngläser ausleihen. Dieses Panorama lohnt sich total, fahrt da ruhig mal hin. Von Potsdam aus war ich mit dem Auto in ungefähr 2 Stunden da.
Kernfrage, die Asisi mit dieser Ausstellung thematisieren möchte, ist:
„Wer sind wir, woher kommen wir und welche Dinge sind wesentlich im Leben eines Menschen?“
Die Antworten findest du im Gemälde und in deinen Gedanken.
Organisatorisches zum Panometerbesuch Leipzig:
Adresse:
Panometer Leipzig
Richard-Lehmann-Straße 114
04275 Leipzig
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 10-17.00 Uhr – Sa/So/Feiertag: 10-18.00 Uhr
Eintrittspreise: Erwachsene 11,50 Euro / Ermäßigt: 10,00 Euro
Ich hatte Glück und wurde von meinen Eltern eingeladen. Vielen Dank dafür, dass war eine tolle Idee!
Und hier noch das Gedicht „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“
1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud, in dieser schönen Sommerzeit an deines Gottes Gaben Schau an der schönen Gärten Zier, und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.2. Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide. Narzissen und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide.3. Die Lerche schwingt sich in die Luft, das Täublein fliegt aus seiner Kluft und macht sich in die Wälder. Die hochbegabte Nachtigall ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder, Berg, Hügel, Tal und Felder.4. Die Glucke führt ihr Völklein aus, der Storch baut und bewohnt sein Haus, das Schwälblein speist die Jungen. Der schnelle Hirsch, das leichte Reh, ist froh und kommt aus seiner Höh in’s tiefe Gras gesprungen, in’s tiefe Gras gesprungen.5. Die Bächlein rauschen in dem Sand und malen sich und ihren Rand mit schattenreichen Myrten. Die Wiesen liegen hart dabei und klingen ganz vom Lustgeschrei der Schaf‘ und ihrer Hirten, der Schaf‘ und ihrer Hirten.6. Die unverdroßne Bienenschar fliegt hin und her, sucht hier und da ihr edle Honigspeise. Des süßen Weinstocks starker Saft bringt täglich neue Stärk‘ und Kraft in seinem schwachen Reise, in seinem schwachen Reise.7. Der Weizen wächset mit Gewalt; darüber jauchzet jung und alt und rühmt die große Güte des, der so überflüssig labt und mit so manchem Gut begabt das menschliche Gemüte, das menschliche Gemüte.8. Ich selber kann und mag nicht ruhn; des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen: Ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen, aus meinem Herzen rinnen.9. Ach, denk ich, bist Du hier so schön und läßt Du’s uns so lieblich gehn auf dieser armen Erden: Was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem festen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden, und güldnen Schlosse werden?10. Welch hohe Lust, welch heller Schein, wird wohl in Christi Garten sein! Wie muss es da wohl klingen, da so viel tausend Seraphim mit unverdrossnem Mund und Stimm ihr Halleluja singen, ihr Halleluja singen. 11. Oh wär ich da! O stünd ich schon, 12. Doch will ich gleichwohl, weil ich noch 13. Hilf mir und segne meinen Geist 14. Mach in mir Deinem Geiste Raum, 15. Erwähle mich zum Paradeis, Autor: Paul Gerhardt (1607 – 1676) |
6 Kommentare
Hallo, das kannte ich noch garnicht. Zum Glück kommt man mit dem Zug gut nach Leipzig. Danke für die Anregung. Viele Grüße Kerstin
Hallo Kerstin. Gern geschehen …Leipzig ist immer eine Reise wert!
Wir sind vor Jahren mal ganz zufällig über das Panometer in Leipzig „gestolpert“. Damals war darin aber eine Art Dschungel das Thema. Das fanden wir auch sehr beeindruckend. 🙂
Servus Sebastian – klingt auch gut, an einen Dschungel kann ich mich nicht erinnern. Muss ich mal recherchieren, was das für ein Motto war. Lg Sandra
So ein tolles Panoramabild von Yadegar Asisi. Man versinkt förmlich darin und vergisst die Zeit. Der Winter?
Der Winter hat sich als ein weggeworfes „angeknitteltes“ Papier an den unteren Panoramabildrand „verzogen“? Vllt. ist der Winter aber auch der blattlose Baum, der Meisenknödel oder das Futterhaus, welches am Baum hängt?
Anmerkung zu Sebastian: Vermutlich war es AMAZONIEN.
olalla – Anja, Du hast das Blogrätsel zum Beitrag gelöst, erfolgreich den Winter im Panorama gefunden und darfst Dich nun auf eine kleine Überraschung aus Potsdam freuen… behalte Deinen Briefkasten im Auge 😉 ….