Unterwegs in der Nemitzer Heide

Jahr für Jahr lockt der Spätsommer die Menschen ins lila Blütenmeer der blühenden Heidelandschaften. Für uns ging es dieses Mal nach Niedersachsen in die Nemitzer Heide, ein regelrechtes Kleinod im Naturpark Elbhöhen-Wendland. Ganze 550 ha groß ist das Heideareal und neben einem ausgedehnten Wanderwegenetz bieten sich hier eine Fülle von wunderschönen Ausblicken sowie vielen Gelegenheiten auf süßen Holzbänken eine kleine Rast einzulegen. Lausche dem Summen der emsigen Bienen, sage den niedlichen Heidschnucken „Hallo“ oder rieche dich ein in den sanften Duft der lila Farbenpracht. Pack´ dir eine Wasserflasche ein, der Rundgang durch die Nemitzer Heide hat, obwohl es kein Wasser gibt, was von Strandspaziergang und was es noch alles dort zu erleben gibt, erfährst du in diesem Beitrag.

Die Geschichte der Nemitzer Heide

Die Fläche der eiszeitlich geformten Binnendüne hat augenscheinlich bereits eine Menge erlebt. Schon viele Jahrhunderte zuvor dienten die Heideflächen als Düngerreservoir, als Schaf- und Bienenweiden. Doch die eigentliche Geschichte, der heute bei Ausflüglern beliebten Nemitzer Heide, begann mit einem fürchterlichen vielleicht auch kriminellem Waldbrand am 12. August im Jahre 1975. Der Sommer war heiß, galt als Jahrhundertsommer und er wird im gesamten Bundesland Niedersachsen wohl 8000 ha Waldfläche fressen. (Quelle: Ausstellung Heidehaus)

Und obwohl man die Verursacher nie ausfindig machen konnte, gilt als Brandursache „Fahrlässigkeit“. Der Brandherd fand sich an einer Landstraße südlich von Gorleben, dort wo ein Endlager für radioaktive Abfälle?! entstehen soll. Es trifft vor allem jüngere Kiefernbestände des Gartower Forstes, der Boden, die Baumstämme brennen, glühen, verkohlen. Doch auch alte Sturmholzreste des Orkans von 1972 mampft die Feuerwalze während des schnell ausgerufenen Katastrophenfalls weg.

Bis zu 80° beträgt die Temperatur in den ersten drei Zentimetern des Waldbodens. Heiß genug um sämtliche Vegetation zu vernichten und die Bodeneigenschaften zu verändern. Die Reorganisation beginnt recht bald und als erstes siedeln Pilzarten, wie der Kohlenschüppling. Es folgen Moose, später erste Pflanzen wie zum Beispiel das Weidenröschen, welches bereits ein Jahr nach dem Brand vorzufinden war. (Quelle: Ausstellung im Heidehaus).

Die Samen der in der Nemitzer Heide vorkommenden Besenheide können hunderte Jahre im Boden überdauern. Sie keimen nach Hitzeeinwirkung und so nimmt die Neuaustreibung nach 1975 ihren wunderschönen Lauf. (zufälligerweise dürfen wir im Cafe einem Gespräch von Einheimischen lauschen, welche erwähnten, dass sie damals bei den Aufräumarbeiten und der Neugestaltung der Heide dabei waren und in dem Zuge erfahren wir, dass auch mit Aussaat von Besenheide unterstützt wurde.)

Wandern in der Nemitzer Heide

Die meisten Besucher erkunden die Nemitzer Heide während einer kurzen oder auch längeren Wanderung. Ein geeigneter Startpunkt ist das Nemitzer Heidehaus, welches sich in Alleinlage zwischen Trepel und Nemitz befindet. Der Ort ist einfach idyllisch. Hier gibt es einen großen Besucherparkplatz sowie die Möglichkeit nach dem Spaziergang auf Kaffe und Kuchen einzukehren. Allein das für die Gegend typische Backsteinhäuschen ist zuckersüß und einen Besuch wert, oder?

Das Heidehaus befindet sich direkt in der Nemitzer Heide, welche durch ein großes Schild unschwer zu verfehlen ist. Wenn man so etwas wie einen „Haupteingang“ deklarieren möchte, dann ist er hier.

Hier am Heidehaus starten die Wanderwege, eine kleine Informationstafel gibt einen Überblick über den Nemitzer-Heide-Weg. Der schlägt mit 15 Kilometer ordentlich zu Buche. Da die Wettervorhersagen bei unserem Besuch nicht besonders rosig waren, haben wir uns auf kleinere aber mindestens genauso schöne Wanderungen durch die Heide begeben.

Die Wanderwege in der Nemitzer Heide

Was uns im Gegensatz zur Lüneburger Heide überrascht hat, waren die durch und durch sandigen Wege. Stell´ dich bei der Streckenplanung also darauf ein, dass du im Prinzip, wie eingehend erwähnt, eine Strandwanderung machst. Das ist einerseits konditionell herausfordernd. Auf der anderen Seite ist es ratsam, passendes Schuhwerk zu wählen, sonst kann es schnell zu Blasenbildung an den Füßen kommen, wenn der feine Sand reibt.

Als Besonderheit kann man hier hervorheben, dass es wirklich viele Rastplätze und Holzbänke zum Verweilen gibt. Die sind nicht nur zum Sitzen und Entspannen schön, wir lieben sie als Fotomotive in allen Varianten.

Darüber hinaus gibt es mindestens zwei Wetterschutzhütten. Eine direkt am Heidehaus und die andere 1,5 Kilometer entfernt.

Und wie du auf dem Foto oben drüber schon erkennen kannst, gibt es eine recht einfache Orientierungshilfe. Die Wanderwege sind mit römisch I. / II. und III. beschriftet. Immer wieder gibt es Querverbindungen, sodaß man die Runde jederzeit individuell anpassen kann. Nichtsdestotrotz ist es immer hilfreich, eine auch offline funktionierende Wanderapp sowie ein ausreichend geladenes Handy und im Idealfall sogar noch eine Powerbank mitzuführen.

Als wir in der Heide unterwegs waren, haben wir nur sehr wenige Menschen, abends gar keine mehr getroffen – gibt also nicht unbedingt die Gelegenheit, nach dem Weg zu fragen.

Typische Pflanzen der Nemitzer Heide

Heidelandschaften haben ein ganz typisches Erscheinungsbild, man spricht von der sogenannten Zwergstrauchheide. Flächendeckend, wie am lila Teppich unschwer zu erkennen ist, wächst die Besenheide. Wann blüht die Nemitzer Heide? Grob gesagt im August und September. Als Orientierungshilfe für die Heideblüte gilt im Allgemeinen der 08.08 – 09.09.

Neben der Besenheide finden sich immer auch Birken, Kiefern und Wacholderbüche. Als hellgelber Kontrast zur Heideblüte finden sich verschiedene Gräser.

Kann man mit dem Rad durch die Nemitzer Heide fahren?

Das ist eine Frage, die zumindest wir uns immer wieder stellen: Kann man die Heide mit dem Rad erkunden? Ja und Nein. Wenn man vom Heidehaus ins 1,5 Kilometer entfernte Trepel fährt, geht es an großen Heideflächen vorbei. Die Kernzone der Heide ist aufgrund des feinkörnigen Sandes nicht wirklich radtauglich, das stelle ich mir einfach mühselig vor und würde ehrlich gesagt die schöne Stimmung dort auch stören. Auf den Wanderwegen in der Heide selbst haben wir keine Radfahrer gesehen.

Mit dem Wohnmobil in die Nemitzer Heide

Glücklicherweise haben die Betreiber des Heidehauses einen Wohnmobilstellplatz eingerichtet. Dieser kann nur während der Öffnungszeiten des Heidehauses befahren werden, da er durch eine Kette gesichert ist. Laut Webseite gibt es 10 – ich habe 9 wirklich geräumige Stellplätze gezählt. Die Plätze sind mitten im Kiefernwald und es herrscht nachts je nach Betrachtung eine gespenstische bis magische Ruhe. Im Preis von 15 Euro ist die Stellplatzmiete, Strom, Trinkwasser (via Kanister) sowie die Nutzung der Toiletten und Dusche während der Öffnungszeiten enthalten. Es gibt weder Abwasser noch WC-Entsorgung noch die Möglichkeit Müll zu entsorgen. Eine Toilette am Board ist Voraussetzung, um hier nächtigen zu dürfen.

Besonderheiten – gut zu wissen:

Das Heidehaus ist barrierearm und ist im Gegensatz zu den sandigen Wegen der Heide für Besucher mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen geeignet. Die Ausstellung im Obergeschoss ist, soweit wir das sehen konnten, nur über eine Treppe zu erreichen. Dafür weist sie Besonderheiten für blinde und seheingeschränkte Menschen auf. Die Texttafeln sind mit Brailleschrift versehen und verschiedene Tastreliefs laden zur Erkundung über die Hände ein.

Wer nicht zu Fuß durch die Nemitzer Heide wandern möchte, kann eine Erkundungstour via Kutschfahrt buchen. Als besonderes Highlight gibt es im September die Mondscheinfahrt zum Lauschen der Hirschrufe.

Zum Erhalt der Heide ist eine Herde von Heidschnucken und Ziegen unterwegs. Sie halten das Heidekraut flach und tragen somit erheblich zum Erhalt der Nemitzer Heide bei. Wir haben die Herde abends eingehaust vorgefunden und da wir nicht weiter stören wollten, leider vergessen ein Foto zu machen… wer mir eins für diesen Blog sponsern möchte – darf gerne eins schicken. Natürlich erfolgt Namensnennung!

Ebenfalls am Parkplatz gibt es eine Raststation für „Pferd und Reiter“ – einfach das Pferd „anschließen“ und Kaffee trinken gehen. Coole Sache, kennen wir Städter nicht.

Und: Am Wanderparkplatz gibt es eine Dixie-Toilette, falls das Heidehaus geschlossen hat.

Achso… und natürlich gibt es leckere Kuchen und Torte – wie diesen hier: Mohn-Eierlikör

Was ist in der Umgebung interessant?

Neben den hübschen Heidedörfern Trebel und Nemitz hat uns das Belugadreieck beeindruckt. Ein Mahnmal, welches die Geschichte der Gorlebenproteste erzählt. Doch darüber berichte ich in einem gesonderten Beitrag.

In einer Entfernung von etwa 14 Kilometern gibt es den Aussichtsturm Höbeck auf dem Höhenzug Höbeck. Hier kannst du bis über die Elbe nach Lenzen schauen.

Quellen: Ausstellung im Heidehaus Nemitz „Feuer, Heide – neues Leben“

Öffnungszeiten Heidehaus:

So: 9.30 – 18.00 Uhr

Mo – Sa: 12.00 – 18.00 Uhr

Autorin des Beitrages: Sandra Hintringer / Reisebloggerin

Vielen Dank, dass du heute mit mir durch die Nemitzer Heide gewandert bist. Schau gern in Kürze wieder rein, wahrscheinlich werde ich dir dann die Geschichte vom Belugadreieck oder eine andere Reisestory erzählen.

Und wenn du Heidelandschaften auch so magst wie wir, dann schau dir doch gerne gleich noch den Beitrag über unseren Besuch in der Lüneburger Heide an.

Lila Landschaft Lüneburg – ein Kurztripp

Bildimpressionen Nemitzer Heide

Wie wahrscheinlich jede Heidelandschaft ist auch die Nemitzer Heide ein Fass ohne Boden, wenn es um gute Blickmomente geht. Natürlich eignen sich Sonnenauf- und untergang aufgrund des besonderen Lichtes am meisten. Doch auch am Tag lässt sich das eine oder andere bezaubernde Motiv finden.

Hier mal noch ein paar meiner Impressionen: