Tripp Tipp

Senja im Winter

Lesedauer 31 Minuten

Senja im Winter zu besuchen, ist für viele ein Traum – wir haben ihn uns erfüllt und sind nun das vierte Mal in Norwegen. Das überrascht uns selbst und spricht für die Schönheit des Landes. Wir sind gespannt, ob Norwegens zweitgrößte Insel hält, was versprochen wird. Die Reise geht in die Provinz oder auch Fylke Troms und die Insel Senja liegt etwa 350km nördlich des Polarkreises. Tief eingeschnittene Fjorde, schroff und hoch aufragende Berge, schneebedeckte Landschaft, verträumte Orte – all das wollen wir sehen. Dieser Beitrag läuft parallel zur Reise – schau also die Tage immer wieder rein.

Tag 1: Die lange Anreise um Senja im Winter zu erleben

Von Berlin fliegen wir mit EasyJet in 3 Stunden und 15 Minuten nach Tromsö. Ein erstes Hallo gibt es bei der Sicherheitskontrolle in Schönefeld. Beide Rucksäcke scheinen verdächtig und werden gesondert kontrolliert. Der Sicherheitsbeamte zählt alles auf, was wir an Essen im Rucksack haben. Da der Tag noch lang werden wird – ist dies nicht wenig. Und nein, aus Chicoree kann man keine Bomben basteln. Und ja, vier Eier sind auch dabei. Bissi peinlich – auch, weil er noch fragt, wie lange wir wohl fliegen. Schlimmer wird’s als ich von oben bis unten abgetatscht werde – als würde ich Drogen schmuggeln. Grabsch, landet die Hand der Sichterheitsbeamtin im Hosenbund. Irgendwie unangenehm. Nunja. Der Flug verläuft weitestgehend ruhig, für horrende 8,70 gönnen wir uns 2 Kaffee und landen gegen 18.20 Uhr in Tromsö.

Dort sind wir letztes Jahr etwa zur gleichen Zeit auf Polarlichtjagd gegangen. Dort sind wir letztes Jahr etwa zur gleichen Zeit auf Polarlichtjagd gegangen.

Am Flughafen angekommen, haben wir richtig Glück – wir sind die ersten, die ihre Koffer vom Band nehmen können. Die Baustelle am Flughafen ist weg, die Mietwagenschalter wieder im Terminal und  kaum fünf Minuten später erhalten wir den vorab gebuchten und mit Spikes ausgestatteten Mietwagen. Diesen sogar mit ungefragtem Upgrade – jetzt sind wir also wieder quitt, denn im letzten Jahr wollte man uns ja einfach ein günstigeres Auto unterjubeln.

Von Tromsö nach Senja

Jetzt heißt es die etwa 180km nach Senja fahren. Die Straßen sind schneefrei, trocken. Die Fahrt ist damit absolut kein Problem, auch nicht der schnelle Einkauf. Reema 1000 – unser Lieblingssupermarkt in Norwegen hat bis 23.00 Uhr geöffnet.

Der Himmel ist frei, der KP-Wert oberhalb der Vierermarke – recht hoch. Zielsicher fahren wir einen ersten, altbekannten Aurora-Spot an und haben Glück:

Senja im Winter erste Auroraimpressionen Nähe Tromsö

Da der Weg noch weit ist, halten wir uns nicht allzu lange auf. Das dies ein Fehler war, sehen wir 10 Minuten später, als Aurora förmlich explodiert, wir jedoch mangels geeigneter Stellfläche nicht einfach so auf der E6 anhalten können. Ich filme ein wenig aus dem Seitenfenster – das Video folgt demnächst auf meinem YouTube-Kanal YouTube-Kanal.

Wir kennen jedoch die Strecke und wissen, dass entlang der berühmten E6 gleich ein Rastplatz kommt. Zack, fix raus aus dem Auto und einige Fotos geschossen. Eins davon ist das Beitragsfotos und das hier gefällt mir auch ganz gut:

Auf dem Weg nach Senja kurzer Stop auf der E6 Kurzer Stop für Aurora an der E6

Zwar sind nur -2 Grad, trotzdem wird’s auf einmal recht kalt, wir sehen zu, dass wir nun zügig zur Unterkunft kommen.

Diese ebenfalls via AirB&B vorab gebuchte Unterkunft erreichen wir gegen 23.00 Uhr und fallen vor Lachen fast um, als wir kaum auf dem leicht abschüssigen Parkplatz gehen können. Das Auto mit 4×4 und Spikes hat nicht mit der Wimper gezuckt auf der glatten Fläche – zu Fuß: Keine Chance. Noch lustiger wird’s, als wir zum Haus etwa 25 Meter den Hang hochkraxeln müssen. Auch der ist teilweise glatt, Gott sei Dank sind einige Rasenflächen frei – ein geschotterter Weg oder eine gestreute Treppe? Fehlanzeige. Hallo rauhes Norwegen, die verpimperten Städter sind da und haben es heil ins das von 1890 stammende Holzhaus geschafft.

12 Stunden waren das exakt von Tür zu Tür, die Müdigkeit zieht uns nun ziemlich zügig ins Bett…

Tag 2: Von Silsand nach Botnhamn und Aurora schleicht auch noch ums Haus

Nach der langen Anreise wollen wir es gaaanz ruhig angehen, trödeln am Vormittag ein bisschen umher, das Haus lädt aber auch wirklich dazu ein. Die Vermieterin hat erlaubt, dass ich im Blog ein paar Bilder zeige. Das ist ein Zimmer im Obergeschoss:

Silsand - Senja im Winter / Unterkunft
ein schnuckeliges Häuschen, oder?

Und hier gucken wir einfach mal aus dem Fenster. Vor allem mit der Hoffnung auch nachts spontan vor das Haus treten zu können, um Polarlichter zu fotografieren – haben wir ein Haus mit Aussicht gewählt.

Senja im Winter - Blick aus einem Fenster
Blick aus dem Fenster

Später geht es zum Einkaufen nach Silsand. Die Stadt ist quasi das Tor zur Insel Senja. Hier gibt es gleich 2 mal Reema 1000. Außerdem noch einige Sport- und Outdoorläden – wir erstehen ein paar Spikes und ich auch noch einen Adapter für mein Phone, der mir im Flieger kaputt ging:

Spikes zur Tour Senja im Winter
Spikes um Überziehen über die Schuhe

Dann erkunden wir den südlichen Teil der Insel bis Botnhamn – wir entdecken das Nordnorwegen, was wir nun bereits schon gut kennen. Eine sich durch die karge Landschaft schlängelnde Straße, immer wieder Blick aufs Wasser oder schroff aufragende Berge. Die Reduziertheit, die sich auch auf Senja im Winter zeigt – lässt sofort den Entspannungsmodus eintreten. Klar, es stehen verhältnismäßig viele Häuser in der Landschaft, Menschen hingegen sieht man kaum.

Nach etwa 50 Kilometern, für die wir circa 45 Minuten brauchten, erreichen wir den Hafen in Botnhamn. Die Fähre nach Brensholmen (Insel Kvaløya) legt gerade ab und der Hafen liegt ruhig, leicht bunt in der angehenden Dämmerung.

Botnhamn Hafen
Botnhamn Hafen

Weiter hinten manövriert ein größeres Schiff. Wir wissen nicht so genau, was für ein Schiff das ist – die Lichter und die leichte Spiegelung gefallen uns jedenfalls:

Schiff in der Dämmerung / Hafen Botnhamn – Senja

Zurück am Haus gehen wir unserem Urlaubsritual nach. Einfaches Essen kochen, es gibt Spaghetti mit Tomatensauce und die auch noch aus dem Glas, dann müssen wir keine tausend Gewürze für die paar Tage kaufen.

Tja und eigentlich hatten wir uns dank der bewölkten Vorhersage auf entspannt und früh schlafen gehen eingestellt. Ich wollte mir eigentlich für Mitternacht den Wecker stellen, da zu der Zeit der Himmel aufklaren sollte.

Pustekuchen.

Er klart direkt auf, als wir am wenigsten damit gerechnet haben. Zunächst schimmert es nur ganz leicht grün – aber was das angeht – bin ich ja sehr geduldig. Ich stehe eine ganze Weile allein vorm Haus, hinter dem Haus geht ein Hang hoch. Die Bilder die ich zu dem Zeitpunkt mache, schimmern alle nett grün – aber das war zu wenig, um es hier zu zeigen.

Ich gehe rein. Sicherheitshalber schaue ich nochmal aus dem Fenster. Krass – Aurora dreht auf. Der KP-Index steigt – das Grün knallt nur so in meine Kamera. Das gibt es doch nicht, kraaaaaaass….

Polarlichter auf Senja im Winter
Aurora direkt hinter dem Haus – den Hang hochfotografiert
Aurora Borealis auf Senja im Winter
Und noch eins – nur wenige Augenblicke später

Ok, er mag mich zwar in dem Moment nicht – aber ich trommle Marcus aus dem Bett und renne schnell wieder raus. Die Polarlichter zischen nur so übers Haus – grad, dass ich es schaffe, irgendwie als Relation den Dachgiebel mit ins Bild zu nehmen:

Polarlichter auf Senja, Silsand
Polarlichter auf Senja – samt Dachgiebel

Jetzt heißt es wirklich schnell sein – so schnell wie Aurora auftaucht, ist sie auch schon wieder weg. Ich stürze um die Ecke – nehme die nächsten Details in den Blick. Das Treppengeländer – eine kleine Holzhütte und nun dezent im Hintergrund: Aurora Borealis.

Aurora samt Treppengeländer und Holzhütte

Ich kann unser Glück nicht fassen – dafür, dass es bewölkt sein sollte – werden wir reich beschenkt. Ich stürze nochmal den Hang hoch, es ist leicht glatt – egal – die Polarlichter zeigen sich flächig und leuchtend grün – sie sind mit bloßem Auge zu sehen und gut von den Wolken zu unterscheiden:

Aurora Borealis Silsand
für die Aurora klettern wir auch mal einen etwas glatten Hang hoch

So langsam – also was heißt so langsam – es hatte sich ein Zeitfenster von gut 1,5 Stunden ergeben – zieht der Himmel wieder zu. Mit dem letzten grünen Schimmer setzen wir nun noch ein wenig den Zaun in Szene:

Zaun und Polarlichter / Silsand / Norwegen

Durchgefroren aber überglücklich landen wir wieder in den Betten. Norwegen ist ein Land, was uns begeistert. Es schenkt uns die nötige Ruhe, damit die Affen in unserem Kopf mal bisschen Pause machen – und gleichzeitig bietet es einfach genug Stoff für unser liebstes Hobby: Fotografieren. Ich übrigens immer nur mit dem iPhone.

Tag 3: Schnee, Sonne und der Aussichtspunkt Tungeneset

Tag drei überrascht uns mit strahlendem Sonnenschein und einer guten Ladung Neuschnee. Es ist jedoch mit Temperaturen rund um den Nullpunkt recht warm und so beginnt es direkt zu tauen. Marcus legt die Terasse frei und ich nutze die Gelegenheit für ein Foto von der Terasse. Traumahft, wir sind happy, hier zu sein.

Senja im Winter
Neuschnee schöne Aussicht von der Terasse

Das gute Wetter wollen wir nutzen und fahren direkt gen Norden der Insel Senja. Besonders im Winter, weiß man nie, was einen da auf den Straßen so erwartet, doch es geht. Die Hauptstraßen sind gut geräumt. Auf einer Nebenstraße fahren wir durch den frischen Schnee. Mit dem 4×4 fühlen wir uns relativ sicher, sind dennoch vorsichtig.

Wir stoppen kurz am Krokelvvatnet, ein See – durch die weiße Schneelage kaum zu erkennen. Das Foto erspare ich dir. Edit: an Tag 8 gelingt uns ein besonders schöner Moment an diesem See…

Etwas erquicklicher ist der nächste Stop – die für Senja mittlerweile sehr berühmte Aussichtsplattform Bergsbotn. Nicht unbedingt schwindelerregend aber eine sehr schöne Aussicht bietend, ragt sie ein wenig Richtung Fjord.

Bergsbotn Aussichtsplattform Senja im Winter Norwegen
Bergsbotn Aussichtsplattform / Senja / Norwegen

Ungewöhnlich für touristische Ziele in Norwegen ist das durch die Nässe spiegelglatte Holz und auch der klitzekleine Parkplatz scheint nicht wirklich in die Zukunft gedacht. Aber ansonsten ist die Plattform eine sehr coole Sache.

Paar Augenblicke weiter erhaschen wir diesen schönen Blickmoment. Ein Haus am Fjord – Senja im Winter scheint eher Herbst zu sein. Je näher man dem Meer und damit den Einflüssen des Golfstromes kommt, desto weniger Schnee bleibt liegen.

Haus am Fjord, Senja im Winter
Haus am Fjord, Senja im Winter

Das absolute Highlight auf Senja ist wohl das, welches wir mit dem nächsten Stop erreichen. Der Aussichtspunkt Tungeneset und damit der Blick auf das Bergmassiv Oksen. Teufelszähne nennt man dies auch.

Tungeneset Senja im Winter
Tungeneset / Senja

Der aus Lärchenholz bestehende Steg ist gesperrt, das interessiert so ziemlich niemand. Die meisten schlüpfen entweder durch die herausgebrochene Latte oder stapfen rechts vom Steg durch den Schlamm. Ich tatsächlich nicht, ich habe höllisch Angst, dass mich eine Monsterwelle des Atlantik von den Klippen saugt – davor wird an dieser Stelle gewarnt. Auch das interessiert aber einige verrückte Touristen überhaupt nicht. Man könnte ja am Ende des Stegs in sicheren Bereichen bleiben – aber nein, für das wohl berühmteste Fotomotiv, setzen manche ihr Leben hier auf‘s Spiel. Wir nicht, warum auch.

Wir bleiben eine ganze Weile, verspeisen unsere Stullenbox, Gurke, heißen Tee und in der Zeit klart es deutlich auf. Wir fangen Stimmungen ein und laufen, wie übrigens die wenigsten Touris, die Straße ein Stück weiter – zu diesem Leuchtturm hinauf. Unten am Parkplatz herrscht reger Trubel, die verfluchten Drohnen werden wieder in die Luft gelassen und wir stehen allein am Leuchtturm. Herrlich.

Tungeneset Senja im Winter
Blick auf Tungeneset und den kleinen Leuchtturm / Foto: @fotokahl.de

Aber: Auch das muss mal erwähnt werden, die WC‘s an sämtlichen Parkplätzen waren geschlossen. Das führt dazu, dass auf einem Trampfelpfad am Leuchtturm eine ganz persönliche und üppige Wurst hinterlassen wurde. Recht eklig, man hätte sich ja auch ein wenig ins Gebüsch schlagen können.

Widmen wir uns wieder den schönen Dingen – Blick vom Parkplatz Tungeneset:

Blick vom Parkplatz Tungeneset / Senja im Winter / Norwegen
Blick vom Parkplatz Tungeneset / Senja / Norwegen

So und ein wenig Car-Porn muss wie immer sein. Mit diesem Auto sind wir dieses Mal unterwegs. Ein Toyota RAW 4. So groß hätten wir es nicht unbedingt gebraucht – aber wie bereits erwähnt, gab es ja ein ungefragtes Upgrade und wir fühlen uns auf den winterlichen Straßen sicher mit diesem Auto. Gewöhnungsbedürftig ist der neumodische Geschwindigkeitswarner, der sofort piept, wenn man auch nur 1 km/h über der zulässigen Geschwindigkeit ist. Alles richtig und auch eigentlich sehr gut und mittlerweile wohl auch Standard bei neuen Autos – nur eben für uns erst mal gewöhnungsbedürftig, so wie damals – als wir plötzlich mit Sicherheitsgurten fahren mussten.

unser Mietwagen – am Parkplatz Tungeneset

Weiter geht die Fahrt und nur eine Kurve weiter stehen wir am ebenfalls berühmten Ersfjord Strand. Dieser feinkörnige helle Sandstrand ist eines von zwei einzigarten Sanddünen-Biotopen auf Senja.

Ersfjord Strand Senja
Ersfjord Strand

So allmählich machen wir uns dann auf den Rückweg in unser kuscheliges Häuschen. Heute gibt es mal ein Foto vom Wohnzimmer. Wenn man auf das Bild draufschaut geht es rechts in die kleine Küche und links die Treppe ins Obergeschoss hoch.

Wohnzimmer unserer Unterkunft

Gepimpt mit etwas Chiliflocken, Curry aus dem Regal der Küche sowie frischem Knoblauch und einer Portion Nudeln, gibt es dieses Mal Tk-Gemüse Wok. Sehr zu empfehlen, diese unkomplizierten Tüten.

Wok-Gemüse aus Reema1000 – schnelle Urlaubsküche

Der Himmel ist leider an dem Abend dicht bewölkt aber einfach mal normal schlafen gehen ist ja auch keine schlechte Sache.

Tag 4: Schneefall, Versuch der Aurorajagd und ein Küstenfort

Dieser Tag startet mit konsequentem Schneefall, schön während der Nacht haben wir die Dachlawinen rutschen gehört. Wir bleiben am Haus und während Marcus ein paar Fotos bearbeitet, steige ich den Hang hinter dem Haus hinauf.

Augenscheinlich ist oder war das Gelände mal eine Farm, denn da oben befindet sich ein Futterstand und auch Weidezäune. Tiere gibt es keine. Dafür aber ein recht modernes, nämlich aus Holz gebautes Lavu.

Lavi Senja im Winter
Lavu

Diese zeltähnlichen Unterkünfte dienten ursprünglich den Sami, ihren Rentierherden zu folgen. Heutzutage werden sie zum Campen oder auch für Feiern genutzt. Nach letzterem sieht mir das hier am ehesten aus und ich bin erstaunt, wie groß es ist, als ich reingehe.

Ich habe nicht gezählt aber gut 20 Leute sollten locker hier Platz finden:

Lavu Senja im Winter
Lavu von innen, ein Grill, Sitzgelegenheiten mit Fellen

Gegen Abend erhoffen wir uns an einer Inselspitze Nordlichter. Zumindest ist dies der einzige Zipfel, der wolkenfrei bleiben soll.

Polarlichter entdecken wir dort trotz längerem Wartens nicht, dafür aber ein altes Küstenfort, Fort Skrolsvik, welches von den Deutschen im 2. Weltkrieg gebaut und auch später wohl von den Norwegern noch benutzt wurde. Wieder einmal ist es schauerlich zu sehen, wie die Küsten aufgrund des Krieges zerrammelt wurden.

Skrolsvik Fort Senja
Kanone im Skrolsvik Fort

Zurück geht die Fahrt durch die Nacht. Auf den Straßen ist nur noch wenig los, Elche hopsen uns trotz Warnschilder Gott sei Dank auch nicht vor‘s Auto. Scheint alles gut – wir kaufen noch was ein, tanken und haben ein wenig Bammel, ob wir wohl heute die Auffahrt zum Haus hochkommen.

Natürlich nicht. Ich war am Steuer, versuche es zweimal, das eigentlich recht gute Auto schwimmt förmlich auf dem Schneematsch, findet keinerlei Grip, wir kommen nicht hoch. Da ist man als Tourist mal kurz aufgeschmissen, denn die Straßen wurden zwar geräumt, die privaten Zufahrten sind Privatsache – und hier interessierte sich zumindest an diesem Tag niemand dafür.

Gut. Oder auch nicht. Marcus fängt an, die Einfahrt frei zu schaufeln, um dann ganz männlich mit Vollgas hochzudüsen.

Mit der Auffahrt und auch dem Aufgang zum Haus sind wir nicht wirklich zufrieden – aber gut, der Rest des Hauses setzt dem viel Positives entgegen.

Tag 5: Senja im Winter bei Sonne, Aktivurlaub und eine extrem schüchterne Aurora Borealis

Herrlicher Sonnenschein lockt uns in den Tag, wir bekommen die Idee, noch eins zwei Highlights auf der Insel anzufahren – aber dann kommt es anders.

Wir steigen ein wenig den Hang hinter dem Haus hinauf, schwitzen dabei wie verrückt, begucken nochmal das Lavu, dieses Mal mit Sonne und blauem Himmel.

Lavu Senja im Winter
Lavu auf Senja

Der Schnee ist nass, tropft von den Bäumen, dennoch knirscht er herrlich unter den Füßen. Wir überqueren einen Minibach und finden noch ein kleines Lavu. In dessen Schutz, ist die Sonne richtig warm. Wir genießen diesen Moment, lassen uns von der Sonne wärmen, sie uns ins Gesicht scheinen – das tut richtig gut und ich kann nachvollziehen, wie sich die Einheimischen fühlen müssen, wenn die Sonne nach langen dunklen Polarnächten, einem langen Winter, endlich wieder ihre vollen Kraft entfaltet.

Senja im Winter
Senja im Winter bei Sonnenschein

Zurück am Haus schaufelt Marcus dann noch ein wenig die Zufahrt frei, das Erlebnis vergangenen Abend wollen wir nicht nochmal haben.

selbst ist der Tourist – Scnee schippen – echter Aktivurlaub

Das Wetter ist so schön, dass wir die Idee des Umherfahrens verwerfen und uns einfach noch ein wenig im Radius des Hauses bewegen. Wir gehen mal ans Meeresufer, dort gibt es kleine Fischerhütten und ein altes Schiff.

Fischerhütten und ein altes Schiff

Hier am Wasser läuft die Zeit noch ein wenig langsamer, wir fotografieren ein wenig und beobachten dann die Steinspitzen, wie sie von der Flut gefressen werden. Irre, wie schnell die Steine weg sind.

Spiegelung der Fischerhütten

Hier noch ein Blick auf die Bucht, so langsam schleicht sich die Sonne und es fängt an zu regnen:

Meeresbucht Senja

Und obwohl den ganzen Tag halbwegs gute Vorhersagen für den Abend gemacht wurden – gibt es nur ein ganz schüchternes Stell-Dich-Ein mit Lady Aurora. Wieder sind wir auf den Hang hinter dem Haus gestiegen – leider sind uns nur wenige Augenblicke vergönnt, bevor sich vermutlich die ganze Insel unter einer dichten Wolkendecke versteckt. Schade – aber immerhin:

Polarlichter Senja im Winter
Polarlichter auf Senja im Winter

 

Polarlichter Senja im Winter
Polarlichter Senja

Edit: Es gab dann doch noch eine Nachtschicht bis 2:30 Uhr. Uff, da hat uns Aurora ganz schön an der Nase herumgeführt. Fotos folgen!

Edit: Hier sind ein paar Impressionen der Nacht:

Zunächst ist mir dieser Schnappschuss gelungen. Aurora lädt die Stromleitung auf:

Schnappschuss – Aurora lädt die Stromleitung auf

Das Lavu auf unserem Grundstück ist ein wirklich dankbares Motiv für die Polarlichtfotografie an diesem Abend:

Aurora und ein Lavu auf Senja im Winter
Lavu im Schein der Polarlichter

 

Aurora Borealis auf Senja im Winter
Aurora kommt durch die Spitze ins Lavu

Zaun und Bäume sind ebenfalls gute Statisten für diese Show – bei der wir uns mit unseren Stativen ordentlich bewegen müssen, denn die Polarlichter zeigen sich in so ziemlich allen Himmelsrichtungen:

Aurora Borealis auf Senja im Winter

Tag 6: Sonne, wir steigen auf den Hesten, erst keine und dann eine irre Polarlichtnacht

Norwegen, vielmehr die Insel Senja schenkt uns einen richtig schönen Tag. Schon morgens lacht die Sonne in unser Haus:

nordische Sonne am Morgen, Senja im Winter
nordische Sonne am Morgen

Und obwohl die Nacht für unsere Verhältnisse mit 5 Stunden deutlich zu kurz war, machen wir uns auf den Weg. Heute wollen wir eine Winterwanderung auf den Hesten wagen. Ob das gelingt, wissen wir nicht, denn wir kennen die Wegebedingungen am Berg nicht. Wir fahren erst mal hin. Senja im Winter schaut richtig schön aus, besonders an diesem Tag – es hat recht viel geschneit:

Straße auf Senja im Winter
Straße auf Senja im Winter

Nach etwa einer Stunde erreichen wir das Fischerörtchen Fjordgard. Hier startet die Wanderung auf den Hesten, Details werde ich in einem gesonderten Beitrag aufführen, sonst ufert das hier aus.

Nur soviel: Der Berg ist 556 Meter hoch und war an dem Tag mit Winterboots sehr gut gehbar. Wir laufen allerdings nicht bis auf die Spitze, sondern auf dem folgenden Bild an den linken Bildrand – im Zoom sind dort einige Personen zu erkennen.

Wanderung auf den Hesten im WinterWanderung auf den Hesten im Winter / Senja

Nach etwa 1:15 stehen wir nass geschwitzt aber glücklich oben in der Sonne und erhaschen den Blick, weshalb viele sich auf den Weg machen. Wir schauen auf den berühmten Segla, den Nachbarberg des Hesten. Ein unsagbar schöner Moment, vor allem weil es das Wetter so gut mit uns meint:

Blick vom Hesten auf den Segla / Senja im Winter
Blick vom Hesten auf den Segla / Senja

Wir genießen eine ganze Weile die Aussicht, schwatzen kurz mit einer Belgierin, die alleine reist und gehen erstaunlich zügig bergab. Wir haben Glück – denn nur 1,5h später zieht ein satter Schneeschauer über den Hesten und den Segla.

Wir beobachten dieses Spektakel von einem Parkplatz, später entpuppt sich eine wunderschöne Lichtstimmung – Marcus macht eine Timelapse, wir stehen eine ganze Weile an diesem Parkplatz und genießen auch hier den Blick auf den Fjord und die winterlichen Berge von Senja.

Hesten Segla Fjord Senja im Winter
Hesten und Segla im Sonnenuntergang

Tja und eigentlich wäre der Plan gewesen, irgendwo im Norden der Insel, von mir aus auch unterwegs zurück zum Haus, die Aurora zu knipsen.

Wir versuchen es am Tungeneset Aussichtspunkt, den berühmten Teufelszähnen. Eine fette Wolkendecke hängt drüber.

Also: Abfahrt, hier ist nix mit Polarlichtern.

Wir erwischen noch schnell einen schönen Blick von der Bergsbotn Aussichtsplattform, wo wir vor paar Tagen schon mal waren – dieses Mal bei Nacht. Das hat kurz Spaß gemacht.

Bergsbotn Platform bei Nacht
Bergsbotn Aussichtspunkt bei Nacht

Doch es ist haarsträubend, keine zehn Minuten stehen wir hier und schon umhüllt uns dicke Suppe. Polarlichter? Fehlanzeige – also: Abfahrt.

Auch während der ganzen Fahrt über die Insel ist trotz einer Wolkenlücke nix zu machen. Wir parken vor dem Haus ein. Ich gehe vor, ziehe schon alle warmen Sachen aus, Heizung an, geschäftiges Räumen – ruft Marcus vom Parkplatz aus an…. Aurora zeigt sich in einer kleinen Wolkenlücke. Das gibt es doch nicht. Wir fahren über die ganze Insel und dann tanzt sie vor unserem Haus. Sie mag uns glaube ich 😉 – übrigens war das etwa 20:46 Uhr.

Aurora Borealis in einer Wolkenlücke / Senja
Aurora Borealis in einer Wolkenlücke

Ich bin happy und sofort wieder draußen. Doch sie verschwindet wieder. Also wieder rein aber ich bleibe wachsam und siehe da:

22.08 Uhr tut sich der Himmel auf, aber sowas von schönem klarem Sternenhimmel. Ich stehe draußen und die Geduld zahlt sich aus, denn die nächsten 1:45 geht eine Aurora-Show ab, die wir kaum begreifen können. Die Polarlichter rasen förmlich über den Himmel, strahlen grün in der Kamera und auch so mit bloßem Auge extrem gut zu sehen. Wir rennen auf dem Grundstück hin und her, suchen die besten Sichtachsen und sind überglücklich:

Hier ein paar Impressionen, dieses Mal fiel die Auswahl schwer, weil es so viele Fotos waren.

Zunächst tauchen die Polarlichter an der gleichen Stelle auf, wie Augenblicke zuvor am Abend, als wir ankamen – Blickrichtung Süden:

Aurora über Senja
Polarlichter über Senja

Es wird sich ein komplett grüner Bogen entwickeln, den Marcus als Panoramabild einfangen kann. Er schickt es noch mitten in der Nacht der Vermieterin und auch die ist happy und fragt, ob sie es für die Bewerbung der Unterkunft nutzen darf. Da wir das Haus erst zeigen, wenn wir weg sind, wird es später auf Marcus seiner Seite zu entdecken sein.

Wir rennen wieder den Hang hinter dem Haus hoch, der Schnee ist heute fest gefroren, wir müssen aufpassen, dass wir in den alten, tiefen Fußspuren nicht umknicken.

Die Polarlichter entwickeln sich so stark, dass es schwer wird, sie einzufangen. Sie sind in der Fläche sehr groß und auch sehr schnell. Kaum eine Sekunde später, schaut das schon wieder komplett anders aus.

Der ganze Himmel voll von Aurora

 

Aurora und die Bäume

Da die Show nicht abreist, können wir uns etwas mehr Mühe mit den Bildsettings geben. Besonderheit an diesem Abend ist der Mond, der dem Leuchten der Polarlichter überhaupt kein Abbrucht tut. Ganz im Gegenteil, er arbeitet uns zu – leuchtet die Umgebung aus.

Aurora und die Picknickbänke

Und na klar, das Lavu hat auch an dem Tag wieder Pose gestanden. Mein Lieblingsfotomotiv an diesem Ort – sehr schön und stimmungsvoll, wie ich finde:

Das liebe Lavu und die Polarlichter

 

Ein Baum, ein Herzhaus, ein bisschen Ort und Lady Aurora tanzt sich die Seele aus dem Leib.

Und eine letzte Impression – über uns war alles voll und ich habe einfach mal die Kamera beziehungsweise das iPhone senkrecht in den Himmel gehalten.

Polarlichter auf Senja

Gott sei Dank ziehen irgendwann wieder Wolken rein. Fix und fertig stapfen wir ins Haus, fallen in die Betten. Ich schließe die Augen und es ist einfach nur hell. Ganz schön extrem aber fantastisch.

Tag 7: Das kleine Fischerdorf Husøy und spektakulärer Sonnenuntergang am Tungeneset

Der Tag startet überraschenderweise mit ganz gutem Wetter, wir fackeln nicht lang und machen uns auf den Weg zum kleinen Fischerdorf Husøy. Auf dem Weg dorthin halten wir an einem kleinen Steg und werfen einen Blick auf den 9 Kilometer langen Stønesbotn, ein Fjord. Um das Auto hier zu parken, müssen wir eine kleine Schräge runter. Marcus empfiehlt, dass ich rückwärts runterfahre – macht ja irgendwie Sinn. Ich bin froh, als ich unten stehe und bange – ob wir wohl wieder hochkommen. Um das auszuprobieren, fährt Marcus sofort dreimal hoch und runter. Schönes Männerspielzeug so ein allradbetriebenes Fahrzeug mit Spikes. Und hier eine Impression vom Fjord – die überfrorenen Algen, samt aufgeplatzter Eisschicht, sind ein toller Bildvordergrund:

Stønesbotn - Fjord Senja
Stønesbotn – Fjord

Herrliche Spiegelungen zeigten sich auch wieder:

Stønesbotn Senja im Winter
Stønesbotn – Spiegelung 1

 

Stønesbotn - Fjord Senja im Winter
Stønesbotn – Spiegelungen 2

Wir schaffen es tatsächlich wieder hoch auf die Straße und erreichen später über eine Serpentinenstraße das kleine, laut Wikipedia 279 Seelen zählende und auf der gleichnamigen Schäre liegende Fischerdorf Husøy.

Direkt am Ortseingang: Endlich – die befüllten Trockenfischgestelle. Wie wahrscheinlich alle, fahren wir auf die als Fotomotiv total ab:

Fischtrockengestelle in Husøy

Wir treten etwas näher, um mal durch die Netze zu lugen, uuuuh, müffelt ganz schön und dauert nicht lang, bis sich ein ganz subtiler Würgereiz bemerkbar macht. Mit dem Geruch muss man wahrscheinlich groß werden, damit man ihn angenehm oder zumindest normal findet. Für mich stinkt das Zeug abscheulich.

Erst mal die Fischkörper…

Fischtrockung Husøy 1

Und weiter hinten dann die Köpfe, tolles Motiv aber uuuurggh…. Nix wie weg hier.

Fischtrocknung Husøy 2

Über den kleinen Damm fahren wir in den Ort. Hier ist alles nah beieinander – die Tankstelle ist süß:

Tankstelle Husøy

Und auch der Leuchtturm an der Inselspitze – grad erwischen wir ihn noch, dann flüchten wir vorm nächsten Schneefall ins Auto:

Leuchtturm Husøy

Na dann, Abflug – die kleine Serpentine wieder hoch, in den Tunnel rein und huch – Winter auf Senja, schaut binnen Minuten auf der Straße dann auch mal so aus:

Senja im Winter
Senja im Winter – plötzlich ist die Straße weiß

Es schneit bestimmt gut 2 Stunden weiter – in der Zeit fahren wir nochmal zum beliebten Aussichtspunkt Tungeneset, wo wir vor paar Tagen schon mal waren. Geduld zahlt sich aus, denn erst waren die Teufelszähne total in der Wolke – das gab zwar ein spektakuläres Farbspiel – aber eigentlich wollen wir ja hier die Felsformation sehen. Ach und übrigens – der Steg ist die ganze Zeit schon gesperrt – interessierte auch an diesem Tag überhaupt keinen:

Tungeneset in der Wolke

Ja und nach einer ganzen Weile schiebt sich tatsächlich der Himmel frei und wir bekommen einen extrem schönen Sonnenuntergang in Pastell:

Sonnenuntergang am Tungeneset

Wir bleiben sehr lange hier stehen, quatschen mit einem Stuttgarter Pärchen, die gerade mit dem Leih-Camper hier unterwegs sind und knipsen währenddessen, was das Zeug hält. Während Minuten vorher die Felsformation angeleuchtet wurde – strahlt nun im Restlicht des Tages der Steg.

Sonnenuntergang am Tungeneset

Aber auch in die andere Richtung schaut es einfach nur toll aus. Die Arktis in Pastell – und richtig schön kalt. Für solche Momente halten wir das gern mal aus:

Sonnenuntergang Tungeneset

Solche Blickmomente lassen natürlich alle Herzen höher schlagen, glückselig fahren wir über verschneite Straßen wieder zurück in den Süden der Insel, zu unserem Haus. Tatsächlich schaffe ich heute die Auffahrt beim ersten Versuch, ich traue mir einfach mal mehr Gas zu geben.

Klar haben wir ein klein wenig Hoffnung auf die Polarlichter aber bis auf einen ganz hellgrünen Schimmer in einer Wolkenlücke, zeigt sich an dem Abend leider nix. Dann schlafen wir einfach – ist doch auch eine richtig gute Sache.

Tag 8: Gryllefjord, der alte Trollpark, tierische Begegnung und nochmal Bergsbotn-Aussichtsplattform

Dieser Tag startet mit besserem Wetter, als wir es erwartet hatten. Im Laufe der Woche haben wir übrigens gelernt, dass keine der Wetter-Apps verlässlich ist. Schnelle Wetterwechsel gehören zu Senja im Winter auf jeden Fall dazu – rausgeguckt und schönes Wetter entdeckt – also los.

Zunächst erst mal den verschneiten Hang zum Auto runterrutschen. Am Ende der Reise schreiben wir der Vermieterin, dass es schon sinnvoll wäre, so etwas wie Stufen in den Hang zu bauen. Mal war es lustig – teilweise aber auch echt glatt. Die Norweger lachen da bestimmt drüber – für uns sicherheitsbedürftige Flachlandtiroler das täglich Abenteuer. Vor allem mit Koffer 😉

Senja im Winter
den Hang runterrutschen

Die Tour führt uns an dem Tag in den Nordwesten der Insel, ins Örtchen Gryllefjord. Hier endet die offizielle Landschaftsroute von Senja.

Die verschneite Landschaft sieht so außergewöhnlich bezaubern aus, dass wir natürlich unterwegs jede Möglichkeit zum Anhalten mitnehmen.

Zunächst halten wir am kleinen Wasserfalls Storforsen in der Nähe des Ortes Sorli. Mehr schlecht als recht quetschen wir uns auf den nur halb geräumten Parkplatz. Auf der leicht vereisten Straße gehen wir die paar Meter bis zur Brücke, der kleine Wanderpfad ist in keinster Weise begehbar. Also nur ein kurzer Blick von der Brücke – der Wasserfall, nunja, überwindet eine kleine Höhe – der aufgrund der tief stehenden Sonne, schönere Blick ist, weg vom Wasserfall.

Storforsen / Senja
Storforsen / Senja

Paar Kilometer findet sich ein nahezu jungfräulicher beschneiter Parkplatz. Ein schöner Spielplatz für große Jungs – Marcus fährt ein paar Runden im Kreis und testet mal die Reifen. Exakt solange, bis der Platz nahezu planiert ist. Das Auto lässt sich in keinster Weise aus der Spur locken, das macht es fast schon wieder langweilig für den Mann.

Parkplatz an der Straße Nr. 86 / Senja im Winter
Parkplatz an der Straße Nr. 86 / Senja im Winter

Auch dieses Mal darf natürlich ein Foto der Spikes im Autoreifen nicht fehlen. Auf vereister Straße ein sehr guter Halt. Wirklich interessant, im Laufe der Woche sind wir immer sicherer und mutiger geworden.

Spikes / Winterreifen / Fahren im Winter auf Senja
Spikes im Autoreifen

Auch auf festgefahrenem Schnee, wie an dem Tag auf der Straße Nr. 86 auf Senja, fährt es sich richtig gut. Kein Rutschen, kein Ausbrechen, kein Wegdriften – nix. Einfach stabile Straßenlage und hübsche Ansicht sowieso.

Straße 86 - Senja im Winter
Straße 86 – Senja im Winter

Nächster kurzer Halt ist der Gryllefjord Rastplatz, ich fotografiere hier nur kurz die Spiegelung, sowie die Brücke.

Gryllefjord Rastplatz
Gryllefjord Rastplatz

Dann versuchen wir den von dieser Stelle 6 Kilometer entfernten Gryllefjord Viewpoint zu erreichen. Da es recht viel geschneit hat, noch kein Räumfahrzeug diese Straße entlangfuhr und die Temperaturen recht mild und die Straße damit salzig ist – lassen wir die Fahrt den Berg hoch mal lieber sein.

Versuch den Gryllefjord Viewpoint zu erreichen

Stattdessen fahren wir direkt nach Gryllefjord – und hier ans gefühlte Ende der Welt.

Wir stellen das Auto kurz ab und watscheln mal den (vermutlichen) drei Einheimischen Damen hinterher. Wo die wohl hinwollen? Das es einen Grill und einen Aussichtspunkt gibt, hat uns ja schon google verraten.

Die Damen laufen bis zum Ende des Weges, hier scheint die Sonne zu dem Zeitpunkt quasi noch geradeso auf den Weg – die 3 lehnen sich an die großen Steine und genießen sie Sonnenstrahlen. Nach einem langen dunklen Winter, kann ich das gut nachvollziehen.

Wir freuen uns an der Stelle, ganz klein in der Ferne die Vesteralen zu sehen – diese hatten wir ja im Herbst mit dem Camper bereist – ein Kreis schließt sich.

Gryllefjord
Gryllefjord

Weiß gezuckerte Berge stellen eine schöne Kulisse für die niedlich farbigen Holzhäuser des Ortes dar:

Gryllefjord
Gryllefjord

Danach schauen wir uns noch das kleine Nachbarörtchen Torsken an, trinken einen Minicafe im Supermarkt und treffen dort die einzige nicht-englisch-sprechende Kassiererin, die wir jeh in Norwegen getroffen haben. Echt selten.

(Übrigens: Wir haben keinen Cent Bargeld dabei gehabt – in diesem Urlaub konnten wir alles mit Debit-Karte zahlen).

Es ist auch immer wieder erstaunlich, wie gut die winzigen Supermärkte der kleinsten Norwegen Orte sortiert sind. Hier gibt es wirklich alles. Von der Gurke über Drogerieartikel, oft auch Medikamente, mal Werkzeuge, Haushaltsartikel, das stellt auf einem Bruchteil der Fläche, jeden Großstadtsupermarkt in den Schatten.

Einkaufsmarkt „Torsken Kolonial“

Weiter geht es dann zum alten Trollpark. Dieser ist zur Zeit geschlossen, da der wohl größte Troll vor einiger Zeit leider abgebrannt ist. Irgendwie hatte ich trotzdem Lust, da mal vorbeizuschauen und ja, die noch verbliebenen Figuren verwittern zwar – sind irgendwas zwischen schaurig-schön und niedlich.

Die Eingangsfigur schaut mit dem Halo-Effekt fast ein wenig wie Jesus aus.

Alte Trollstation Senja

Viel verrückter wird es aber, als plötzlich 3 Rentiere die kleine Straße runterkommen und im Prinzip direkt bei uns am Parkplatz vorbeilaufen. Ich stehe natürlich in der absoluten Sicherheitszone hinter dem Auto – Marcus bleibt vorn und kann schöne Videoaufnahmen machen. Es ist kalt geworden, jeder ihrer festen Schritte, lässt die verharrschte Schneedecke brechen und knirschen.

Danach gehen die Tiere ganz gemütlich über die Fernstraße, ein LKW bremst für sie.

Sagenhaft, diese Begegnung.

Rentiere auf Senja

Naja – und warum soll man das gute Wetter nicht nutzen? Wir fahren nochmal zur Bergsbotn-Aussichtsplattform. Auf dem Weg dorthin kommen wir wieder am Krokelvatnet vorbei – ein zugeforener See, der von Schnee bedeckt ist. So richtig viel gibt es grundsätzlich nicht zu sehen – die Lichtstimmung an diesem Tag ist allerdings magisch. Auch eine Quotendrohne fliegt – noch komischer wird’s, als ich zum Auto gehe und plötzlich ein asiatischer Mann aussteigt. Er hatte sich im Auto geirrt – da wird einem auch kurz anders.

Krokelvatnet Senja im Winter
See Krokelvatnet mit Halo-Effekt

An der Bergsbotn-Aussichtsplattform zieht sich der Himmel zu, wir bleiben trotzdem eine Weile, müssen die Stative festhalten, da der Wind ordentlich über die Bergspitzen pfeift. Wir genießen diese fantastische Aussicht, stellen uns der klirrenden Kälte – auch wenn dabei nicht immer ein Jahrhundertfoto entsteht – es ist fast ein bisschen verrückt diesen touristisch beworbenen Ort, die Plattform, den Ausblick, minutenlang für sich allein zu haben.

Bergsbotn-Aussichtsplattform
Bergsbotn-Aussichtsplattform

Leider endet auch dieser Abend ohne den Tanz der Aurora – aber wir sind wohl beschenkt genug – wir wissen es auf jeden Fall zu schätzen. Senja im Winter ist wirklich bezaubernd. An dem Tag sind wir noch vor acht zurück in dem niedlichen Häuschen, Marcus schmeißt den Ofen an, sofort wird’s kuschelig war. Herrlich.

Tag 9: Fagerstrand, Skatvik, Finsness und am Ende doch noch Polarlichter an der Bergsbotn-Aussichtsplattform

Unser letzter vollständiger Tag vor Ort hätte ja auch ein „Trödel-Kram-und-Bummeltag“ werden können. Die Gemütlichkeit des alten Hauses hätte es total hergeben, deshalb gibt es heute noch ein Blick ins Wohnzimmer. Warum der Kamin in der rechten Ecke nicht irgendwie hübsch verputzt wurde, haben wir nicht so richtig verstanden. Aber er hat seinen Job gemacht.

Haus auf Senja

Da die Natur auf Senja zu bezaubernd ist, wollen wir auch an diesem Tag noch die schöne Winterstimmung auf Senja einfangen.

Los gehts in Richtung Westen an den Fagerstrand. Dazu biegen wir bei Svanelvmoen von der Straße 86 auf die kleiner 860. Wir hätten fast vermutet, dass die eher kleineren Straßen nicht geräumt sind – aber nein, vorbildlich ist an diesem Tag bereits ein Räumfahrzeug durch die bewaldete Gegend gezogen. So erreichen wir unkompliziert den kleinen Fagerstrand. Nicht spektakulär aber immerhin erwischen wir im eben noch tobenden Schneegestöber das eine kleine Wolkenloch, um paar Minuten am Strand zu spazieren und nach Fotostatisten zu suchen.

Das Böötchen mit dem Picknicktisch macht sich schon mal ganz gut.

Fagerstrand bei Vangsvik
Fagerstrand bei Vangsvik

Als nächstes wollen wir auf die Minihalbinsel. Alles nicht weit, wir sind kaum eine halbe Stunde vor Ort.

Fagerstrand bei Vangsvik
Fagerstrand bei Vangsvik

Und diese beiden aufeinanderfolgenden Fotos zeigen es ganz schön, wie quasi minütlich das Wetter wechselt. Eben noch blauer Himmel, schon verschwindet die Bergkette in den Wolken.

ganz nebenbei netter Spiegeleffekt

Und weil dieser tolle Schiefer sich farblich dazu anbot – machen wir mal ein wenig Schuhfotografie. Mit diesen für recht überschaubares Geld bei Decathlon erworbenen Winterboots habe ich bisher alle Polarlichtnächte und Winterausflüge gen Norden mit ganz gut gewärmten Füßen überstanden.

meine Schuhe – Winterboots von Decathlon haben völlig ausgereicht für dieses Abenteuer

Wir fahren in der Ecke einige kleine Stichstraßen ab, unter anderem erreichen wir über das Skatvikfjell – also eine kleine Hochebene,  den in einer Bucht liegenden Ort Skatvik.

Ortseinfahrt Skatvik

Wie für ein Straßendorf üblich, zieht sich die Häuserzeile etwas eingerückt an der Straße entlang. Ganz hinten ist wohl noch ein Häuschen frei, oder? Haus und Schuppen haben schon ordentlich Schieflage.

Skatvik Senja im Winter
Skatvik – Senja

Noch viel mehr freuen wir uns jedoch, dass wieder Rentiere übers Feld spazieren und sich in keinster Weise aus der Ruhe bringen lassen, als wir anhalten und ein paar Fotos machen. Marcus hat eindeutig die bessere Kamara für solche Angelegenheiten – ich bin eher für die Schnappschüsse zuständig.

Rentier bei Skatvik- und schöner Spiegeleffekt

Weiter hinten luge ich nochmal über einen Zaun. Das könnte so oder so ähnlich auch in Brandenburg oder Sachsen sein – in Norwegen ist dann auf einmal jede runzelige Hütte oder die eingehausten Pflanzen fotogen. Oder sind es doch Trolle?

Gartenidyll auf Senja

Es geht auf nachmittag zu – wir könnten jetzt in die Hütte fahren, ein Kaffee nach dem nächsten schlürfen. Aber nee – wir entwicklen mit Blick auf die Wetter-App einen Plan. Zunächst müssen wir kurz tanken und ein wenig Proviant für die Heimreise besorgen. Dazu fahren wir kurz nach Finsness – eine recht große Stadt, die sich als Tor nach Senja gibt. In dem bunten Gebäude rechts gibt es alles, was das Herz begehrt – hier hatten wir am Anfang der Reise die Spikes und auch den Handyadapter erstanden. So richtig schön ist es nicht – aber mit einem Brot und einer Gurke bewaffnet, warte ich an der Kreuzung auf Marcus, der in der Zwischenzeit tanken war.

Finsness

Dann gehts – ja ich weiß – bisschen verrückt – nochmal zur Bergsbotn-Aussichtsplattform. Wir erhoffen uns ein wenig Sonnenuntergang, werden aber noch mehr bekommen. Gegen 16.00 Uhr kommen wir an und starten eine Timelapse. Die lassen wir stundenlang laufen und genießen in der Zeit den Umstand, dass wir an diesem Samstag Abend weitestgehend allein an diesem Tourihotspot sind.

Und es ist noch nicht mal so richtig dunkel – zeigen sich dezente Polarlichter. Das war mein großer Wunsch in der Woche – Polarlichter an einem der berühmten Spots. Sie sind zwar nicht wahnsinnig stark aber sie waren da. Ein schöner senkrechter Beam direkt über dem Fjord.

Polarlichter an der Bergsbotn-Aussichtsplattform / Senja
Polarlichter an der Bergsbotn-Aussichtsplattform / Senja

Und ich weiß nicht, wie das geht – aber kaum gibt es Polarlichter, rollt ein Auto nach dem anderen auf den Parkplatz. Die Beobachtung haben wir schon öfter gemacht. Als würden alle in ihren Hütten sitzen und wenn es was gibt – dann raus.

Polarlichter 2 – Bergsbotn-Aussichtspunkt

Die Lichter zeigen sich in vielen Himmelsrichtungen.

Polarlichter 3 – Bergsbotn- Aussichtsplattform

Leider zieht dann recht schnell die Bewölkung rein und es ist für den Rest des Abends nix mehr zu machen. Wir sehen zwar auf dem Rückweg gen Süden der Insel noch grüne Wolkenlöcher, können das auch ein wenig filmen – aber für Fotos hat es nicht mehr getaugt. Egal – die Fahrt zur Plattform hatte sich auf jeden Fall gelohnt und es ist immer wieder schön, diese Orte in verschiedenen Licht- und Wetterstimmungen zu erleben.

Tag 10: der Wecker klingelt zeitig, überraschend grüner Besuch, Fahrt durchs Winterwonderland und dann ein Manschaftsairbus

Nach einer ultrakurzen Nacht klingelt 3:30 der Wecker. Da es am Abend plötzlich extrem viel Neuschnee gab, habe ich den Wecker noch 15 Minuten eher als geplant gestellt. Das sollte sich als guter Instinkt beweisen. Ich hüpfe aus dem Bett und checke sofort die Schneelage um zu gucken, ob wir überhaupt wegkommen. Das schon – aber was mich viel mehr freut ist, dass der Himmel frei ist und die Polarlichter fröhlich tanzen.

Aurora Borealis auf Senja – ein letztes Stell-Dich-einc

„Juhuu, die letzten Polarlichter“ knips, knips, knips – auch Marcus ist verdächtig schnell angezogen und steht im Garten, obwohl wir eigentlich keine Zeit haben und seine Stative längst auseinandergebaut sind. Egal – wir schießen Fotos aus der Hand und sind soooo happy, dass Aurora sich auf diese Art von uns verabschiedet. Die weiß verschneiten Bäume – das leuchtende Grün – es ist einfach unbeschreiblich schön.

frisch verschneite Landschaft und Aurora – ein Traum

Und wieder sind die Lichter so schnell, dass wir sie kaum fotografiert bekommen. Wir halten die Kamera einfach gen Himmel und drücken ab:

Aurora auf Senja am 09.03.25 gegen 3.45 Uhr

Und noch zwei Impressionen – die Wolken kommen schon wieder verdächtig nah:

Glückselig schlürfen wir einen Kaffee, Frühstück fällt aus – Schnittchen und Gurke haben wir in der berühmten Stullenbox, ein letztes Mal weichen Schnee vom Auto kehren und dann los. Der Abschied fällt wirklich schwer. Wie kann ein Stück Welt nur so schön sein?

na endlich mal die Villa von außen

Drei Stunden und etwa 180 Kilometer trennen uns nun noch vom Flughafen in Tromsö. Wir treffen in der Zeit kaum ein Auto und fahren durch eine schöne verschneite Winterlandschaft. Tschüss Senja und Danke Senja!

Rückfahrt nach Tromsö

Am Flughafen tanken wir noch bei Cirkle K. Der Liter Benzin kostet 1,81 Euro an diesem Tag und der Wind zieht eisig über das Land. Huh.

Letzter Akt ist das Abstellen des Mietautos und die obligatorischen Fotos desselben, damit wir im Fall der Fälle beweisen können, dass wir nichts beschädigt haben. Glücklicherweise sind wir ja nicht in den Graben geschlittert. Da die Vermietstationen erst ab 10.00 Uhr öffnen, werfen wir den losen Schlüssel in die dafür vorgesehene Box – beziehungsweise – diese wird gerade geleert und so nimmt uns ein junger Mann den Schlüssel gleich ab.

Mietwagen ist abgestellt und ausgeräumt

Zur Freude vor allem der Männer, taucht dann unser Flieger auf. Es ist der Manschaftsairbus von Borussia Dortmund. Sachen gibts. Wir kleben an der Scheibe und filmen, wie unsere Koffer eingeladen werden.

Mannschaftsairbus Borrusia Dortmund

Dann geht es recht zügig zurück nach Berlin, wo uns so etwas wie ein kleiner Kulturschock erwartet. Die vielen Menschen im Flughafen und die massigen Autos auf der Autobahn irritieren natürlich kurz. Aber mit 16 Grad empfängt uns eine wohlige Wärme, die ich natürlich auch gern nehme. Trotzdem würde ich zu diesem Zeitpunkt gern wieder zurück in die Einöde, keine Frage.

Aber so ist das wohl im Leben. Alles geht mal vorbei – nach der Reise ist wie immer vor der Reise. Diese Tour nach Senja hat uns ausgesprochen gut gefallen. Mit dieser Reise hat sich nach der Lofoten- und Vesteralen-Tour im Herbst ein Kreis geschlossen und ich danke dir, wenn du bis hierhin mitgelesen hast. In den kommenden Tagen werde ich noch eine kurze Kostenaufstellung und eins zwei nützliche Links einfügen.

 

Kostenaufstellung und nützliche Links folgen…

 

 

 

5 Kommentare

  • Hallo Sandra,
    was für tolle Fotos – kaum zu glauben, dass die im Handy entstanden sind! Die Technik wird tatsächlich immer besser. Als wir vor einigen Jahren in Finnisch Lappland die Polarlichter bestaunten, war an solche Handyfotos noch nicht zu denken. Nach dem Lesen bin ich jetzt fast ein wenig neidisch und könnte direkt losfahren ins Winterwunderland *seufz*. Aber du hast mich infiziert, dieses Reiseziel ist auf jeden Fall vorgemerkt.

    Antworten
    • Hallo Cornelia,

      ja, das ist wirklich erstaunlich, wie leicht man heutzutage diese Phänomene einfangen kann. Und ja: Norwegen ist immer wieder eine Reise wert, ich kann verstehen, dass die Reiselust direkt geweckt ist.

      Liebe Grüße
      Sandra

      Antworten
  • Hallo Sandra,
    Senja steht auch auf unserer Bucket List, allerdings nicht für die Wintermonate, obwohl wir Oslo im Winter äusserst reizvoll fanden. Leider hatten wir dort kein Glück mit den Polarlichtern, da uns oft Wolken und Nebel die Sicht versperrten. Daher beneide ich dich ein wenig um deine wundervollen Polarlicht-Aufnahmen. Ich wünsche dir weiterhin viele eindrucksvolle Reiseerlebnisse in Norwegen.
    Liebe Grüsse aus der heute sonnenverwöhnten Schweiz
    Susan

    Antworten
  • Hallo

    Danke für den ausführlichen Bericht. Senja ist wirklich eine Reiswert. Habe wir während unsere Elternzeitreise besucht.

    Wünschen euch weiterhin tolle Reiseerlebnisse.

    Mike

    Antworten
  • Danke für die Reiseberichte. Es ist eine schöne für uns fremde Welt.
    Und schön kalt, bei uns werden heute etwa 19 Grad, plus natürlich. Liebe Grüße aus Leipzig

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