Schlepzig – ein Tagesausflug in den Spreewald
(Artikel enthält Werbung) Längst hat sich die Zivilisation ausgedünnt, als wir die Autobahn A13 bei Staaken verlassen. Wir sind auf dem Weg in den Unterspreewald. Eben passieren wir linker Hand auf der Tropical Island Allee die berühmte und ehemalige Cargolifter-Werfthalle und erreichen schon kurz darauf eines der ältesten Spreewalddörfer. Schlepzig oder wendisch Słopišća. Dieser Ausflug ist unsere Premiere, den Spreewald zu Fuß zu erkunden. Bisher waren wir immer im Böötchen unterwegs und eins vorab, der Tag hat sich gelohnt. Denn so romantisch die Kahn- oder Paddeltouren auch sind, so entgehen einem auf dem Wasser ja doch die Dinge, welche etwas abseits der Fließe liegen. Einen Parkplatz finden wir morgens noch recht unkompliziert an der Dorfstraße. Und nun lass uns mal losbummeln.
Inhalt:
Alles begann mit einer slawischen Siedlung
Ein schöner Stein in der Ortsmitte von Schlepzig zeigt die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes. Die Jahreszahl 1004 bezieht sich auf eine Schenkung von König Heinrich II. an das Kloster Nienburg. Man vermutet jedoch, dass die slawische Ansiedlung schon viel eher geschah. Quellen erwähnen hier das 6-8 Jahrhundert nach Christus. Die Zeit rund um die Völkerwanderungen.
Das Wappen zeigt ein Eichen- und ein Buchenblatt. Diese stehen ganz allgemein für die üppige Pflanzenwelt sowie für Stärke, Stolz und Festigkeit. Hinter dem Fischsymbol verbirgt sich der Zander. Er ist der Begehrteste und damit sogenannte Spreewaldfisch.
Entlang fischreicher Fließe und inmitten üppiger Wälder siedelten ursprünglich germanische Stämme. Doch diese verließen das Gebiet und machten damit Platz für die Sorben vom Stamm der Lusizer.
Wenn du also mal in der Region bist, musst du nicht erschrecken, wenn die Straßenschilder plötzlich zweisprachig sind. Du bist nicht aus Versehen in Polen gelandet – sondern in einer Region, in der die Sorben ganz traditionell als eine der vier anerkannten nationalen Minderheiten von Deutschland leben.
Die typischen sorbischen Ostereier und auch den Trachtenkult kennen viele, doch allein auf diese Tradition will man hier nicht reduziert werden. Es ist wohl eher die tief verwurzelte und unanfechtbare Identität der Sorben, bei der wir übrigen Deutschen durchaus Nachholebedarf haben. Eine Identität, um die wir mühevoll ringen und lediglich beim Schwenken von Weltmeisterflaggen eine Idee bekommen, wie sich Gemeinschaftsgefühl auch anfühlen kann.
Aber gut. Das allein ist nicht der Grund, warum sich ein Ausflug in den Spreewald lohnt. Ich persönlich schätze die idyllische Flußlandschaft. Eine entspannende Natur, die in mir selbst bei einem Tag Aufenthalt richtig gutes Urlaubsgefühl aufkommen lässt. Als erstes wollen wir nun einen kleinen Spaziergang im Buchenhain unternehmen.
Rundwanderweg Buchenhain Schlepzig
Wir starten genau an der Bushaltestelle „Buchenhain“. Von hier aus ist der 4 Kilometer lange Rundwanderweg Buchenhain in mehrere Richtungen ausgeschildert. Wir starten in nördliche Richtung in den Wald hinein.
Der Weg deckt sich mit einem Naturlehrpfad und so gibt es hier und da Informationstafeln. Wer also nicht so sattelfest in Pflanzenbestimmung ist – weiß nun, dass wir uns in einem Eichen- und Buchenwald befinden.
Der Wald scheint idyllisch. Doch leider muss ich sagen, sind wir schon auf den ersten Metern überfallen worden. Eine Heerschaar blutrünstiger Mücken macht sich über uns her. Aber es sind wohl die Saisonsanfangsmücken, die noch nicht so geübt sind im Durchstechen von Jeans oder blasser Winterhaut. Erstaunlicherweise tragen wir nur wenige Stiche davon. Von viel Chemie zur Vermeidung von Insekten halten wir grundsätzlich eher nix. Unabhängig davon sind die Angriffe so unangenehm, dass jedes Stehenbleiben, ein wenig hektisches Wedeln aufkommen lässt. Aber ihr könnt es euch denken – dies ist natürlich keine ausgewiesene Spezialität des Spreewaldes, sondern wohl überall dort üblich, wo viel Wasser ist. Egal wie – seid darauf vorbereitet.
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Kurz darauf erreichen wir schon „Mollenhauers Hütte“. Was für uns aussieht wie eine einfache Lichtung, stellte für die damaligen sogenannten Muldenhauer und auch die Bauern einen lebenswichtigen Platz dar. Aus den Stämmen der Bäume wurden Mulden geformt, in denen später Teig geknetet oder Vieh geschlachtet werden konnte.
Direkt gegenüber treffen wir auf das ersehnte Wasser, das erste Spreewaldfließ und unweit davon auf das erste Wehr. Das Puhlstromwehr. Dieses und alle anderen Spreewaldwehre dienen zur Regulation des Grundwasserspiegels. Passiert man als Wassersportler solch´ eine Schleuse, gilt es als Selbstverständlichkeit, dem meist freiwilligen Schleusenwärter ein Trinkgeld ins Schälchen zu legen.
Wir queren die Landstraße. Hier müssen 3 Stufen passiert werden – ein Geländer gibt es nicht. Ansonsten ist der Weg weitesgehend eben. Und auch auch wenn einiges an Forstarbeiten ersichtlich ist, wird es nun richtig idyllisch.
Unsere kleine Wandertour führt entlang des Archedamms. Hier lugen wir links und rechts immer wieder in schönste und wasserreiche Szenen, die man einfach erleben muss. Wasserlinsen zieren malerisch die Wasseroberfläche, ein wackliger Steg lockt Mutige oder eher Wahnsinnige über den Morast und weiter hinten äst sogar ein Reh am Waldesrand.
Die Entfernungen sind wirklich nicht weit, wie gesagt – die ganze Runde ist nur vier Kilometer und schon stehen wir auf dem Vogelbeobachtungs- und damit Aussichtsturm am Wussegk. Wir sind mittags und Mitte Mai hier – heute ist es vor allem ein schöner Blick über die weite Wiesen- und Mischwaldlandschaft. Aber auch Kraniche und viele andere Vögel soll man hier beobachten können…
Glaube ich gern. Das einzige was wir sichten konnten, war der gemeine Kanumenschling. Eine recht bewegungsfreudige Spezies. Vor allem in den warmen Sommermonaten ziehen sie scharenweise durch das Gebiet.
Der Weidendom – Das Highlight aus Weidenruten
Wir kehren nun zurück in den Ort und stehen vor dem recht weit sichtbaren Weidendom – die Arena Salix. Dieses landschaftsarchitektonische Gebilde entstand als erstes Brandenburger Weidenbaugroßprojekt.
Weidenbauspezialisten sowie der Schweizer Architekt Marcel Kalberer und viele Menschen der Spreewaldgemeinden halfen, aus Weidenrutenbündeln dieses in der Hauptkuppel bis zu 15 Meter hohe und bis zu 22 Meter breite Ensemble zu kreieren.
Beeindruckend. Und wer will, kann sich hier sogar trauen lassen oder sich an einem der gemütlichen Tische für ein kühles Getränk niederlassen.
Uns zieht es nun noch weiter durch den historischen Ortskern und ein wenig darüber hinaus. Vorbei an der seit 1788 bestehenden Privatbrauerei sowie an der historischen Dorfmühle. Wir ziehen vorbei an der Spreewald-Destillerie. Fans von Rum und Whiskey werden hier bestimmt glücklich. Von Verkostung bis Führung durch die Produktion ist alles dabei.
Die Dorfkirche von Schlepzig
Letztendlich stehen wir vor der wunderschönen, in traditionellem Fachwerk und schlichtem Barock gestalteten Kirche in Schlepzig. Nachdem ihre Vorgängerin leider dem Feuer zum Opfer fiel, konnte die neue Kirche 1782 eingeweiht werden. Und weil man sowohl die Kirche als auch den angrenzenden Friedhof von den zahlreichen Spreehochwässern bewahren wollte, erhebt sie sich auf einem von mir kaum wahrnehmbaren Sandhügel. Viel mehr fällt mir der schöne Holzturm auf.
Wir umrunden die Kirche und besichtigen vorsichtig und doch neugierig den Friedhof. Ich würde es gern genauer wissen, ob hinter der Friedhofspflege nochmal ein besonderer Gedanke steckt – konnte aber keine Angaben finden. Worum geht´s? Die extrem fein gepflegten Gräber sehen mitunter aus wie kleine Zengärten. Von Steinen eingefasst, finden wir auf einigen von ihnen ganz liebevoll geharkte Muster.
Die evangelische Kirche ist offen und lädt Besucher zum Eintreten ein.
Wie schön ist das denn? Vor allem der Himmel – mit dem symbolischen gelben Gottesauge im Zentrum und einem Dreieck, welches für die Heilige Dreifaltigkeit steht. Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Irgendwo im Hintergrund läuft ein Tonband mit Orgelmusik – per Knopfdruck kann man sich in diesen Hörgenuß bringen. Nahezu außergewöhnlich lange bewegen wir uns im Kircheninneren.
Mit dem Kirchenrundgang endet auch unsere heutige Ortsbesichtigung. Irgendwo gibt es noch ein Stück Kuchen auf die Faust und weil sich im Laufe des Tages einige Besucher eingefunden haben, haben wir Glück und erhaschen drei der letzten 8 Stücke.
Wir kommen bestimmt wieder – ein Tag ist für diesen Ort viel zu wenig. Beim nächsten Mal nehmen wir vielleicht das Rad, einen der vielen Kähne oder ein Paddelboot.
Vielen Dank, dass Du auch heute virtuell mit mir gereist bist und vielleicht konnte ich dir ja ein klein wenig Lust auf den Spreewald machen.
Schau gern bald wieder vorbei… was soll ich sagen… auch die nächste Beitragsidee schlummert schon in meinem Kopf.
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Quellen:
Region im Wandel. Eine kurze Geschichte der Lausitz(en) | APuZ (bpb.de)
https://www.lr-online.de/lausitz/luebben/neue-attraktion-fuer-naturfreunde-an-altem-platz-33959234.html
https://www.unterspreewald.de/gemeinden/schlepzig/
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