Radtour von Potsdam in die Döberitzer Heide
Eins vorweg, die Radtour von Potsdam in die Döberitzer Heide, die ich hier beschreibe ist nichts für Schönwetterasphaltradler und frisch Operierte. Warum? Ein Teil der Tour geht durch die Döberitzer Heide. Die ist von der Bodenbeschaffenheit eine hügelige Sandkiste und damit für Radfahrer nicht ganz ungefährlich.
Aber mal ganz von vorn. Mit etwas Picknick in der Tasche starten wir für diese Tour in Potsdam Nord. Warum ich das Picknick betone? Schon einmal sind wir für diese Tour einfach drauflosgelaufen und fanden uns dann auf dem 22 Kilometer-Rundweg in der Döberitzer Heide – mit einer einzigen Packung Kekse.
Ja – manchmal scheint uns der Kopf abgeschraubt, wir haben es überlebt, aber es war so hart, dass wir heute vorbereitet starten.
Über die Kirschallee fahren wir Richtung Neufahrland. Ein erster Blick geht rüber in die Bornimer Feldflur, die wie immer herrlich ruhig daliegt. Kein geringerer Landschaftsarchitekt als Peter Josef Lenné wurde Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Planung dieser Kulturlandschaft betraut.
Diese sanft hügelige und durch wunderschöne Alleen gestaltete Feldflur ist immer für einen Spaziergang gut, doch heute zieht es uns weiter. Über die Ammundsenstraße erreichen wir in Kürze die nach Fahrland führende Nedlitzer Straße (B2).
Links abgebogen stehen wir direkt auf der Brücke des Friedens, wir sind am Himmelfahrtstag unterwegs und nach der #stayathome-Phase wimmelt es sowohl auf der Straße als auch auf den Radwegen. Verständlich, denn zu unserem Glück scheint die Sonne zum Ausflippen schön vom Himmel. Das zieht nun auch verstärkt die Bootstouristen auf´s Wasser – hier, zwar grad im Bild nicht sichtbar, auf den schleusenfreien Sacrow-Paretzer-Kanal, der zwei Bereiche der Havel miteinander verbindet. Der Wasserweg auf der Havel sollte damals verkürzt und Durchfahrt durch Brücken vermieden werden.
Marcus ist längst paar hundert Meter weiter und ich wette, er wird wieder ganz überrascht sein, wo ich jetzt denn erst wieder herkomme. Ihm kann es nie schnell genug gehen aber Streckendoku muss sein und so erfreue ich ihn direkt auf der nächsten Brücke mit einem weiteren Stop.
Der sich jedoch wirklich lohnt, denn wir staunen nicht schlecht über einige unfassbar große Fische an der Böschung des Krampnitzsees. Erstaunlich, dass die noch keiner weggeangelt hat. Auch vom herannahenden Motorböötchen lassen sie sich nicht stören. Die sind wohl resilienter als ich, denn ich persönlich habe den Motorbootverkehr überhaupt nicht vermisst und fand die Ruhe an den Gewässern richtig schön. Ging bestimmt nicht nur mir so.
Jetzt machen wir einfach mal bisschen Strecke. Wir fahren die etwas unwirtliche Bundesstraße 2 ganze 3 Kilometer weiter, sehen rechts nochmals den Krampnitzsee und passieren schon bald linker Hand das ehemalige Kasernengelände Krampnitz. Hier logierte ab 1945 die Sowjetarmee. Doch schon bald sollen die 150 Hektar, zur Freude aller vom Norden kommenden Autofahrer, zu einem viele tausende Leute fassenden Wohngebiet, umgebaut werden. Übrigens der Radweg ist insofern Geschmacksache, da es nur diesen einen Radweg gibt – das heißt, man muss mit sehr ambitionierten entgegen kommenden Radfahrern rechnen. Ich bin froh, dass wir schon bald den Parkplatz an der Döberitzer Heide erreichen.
Die Döberitzer Heide gehört als Naturschutzprojekt zur Sielmann Stiftung. Das hat für uns am Parkplatz jetzt den Vorteil, dass wir uns auf der Wandertafel orientieren können. Vor allem, wenn ihr die Wildniskernzone umrunden wollt (22 Kilometer) – fotografiert euch die Tafel ab. Es gibt unterwegs nicht so viele davon und bei unserer damaligen Wanderung wussten wir irgendwann überhaupt nicht mehr, wo wir uns befinden. Netterweise ist die Wildniskernzone ja eingezäunt … also immer an der Wand lang und man findet wieder nach Hause. Die Frage ist eben nur – wann?!
Bis zum Rundweg müssen wir erst noch einen Zubringerweg passieren. So hügelig hatte ich das Gelände gar nicht mehr in Erinnerung. Der Weg ist alles andere als gemütlich und zu allem Übel, aber das wissen wir hier noch nicht, biegen wir an der ersten Kreuzung gleich mal nach rechts falsch ab. Die Chance lag 50/50, dass wir richtig sind.
Zum Rundweg geht es einfach nur immer geradeaus (beziehungsweise an der ersten Kreuzung links halten).
Das wir nun in dieser wunderschönen Landschaft stranden, stört mich überhaupt nicht. Wir haben ja, dank des Feiertages, alle Zeit der Welt.
Ich versuche also mein Rad auf dem sandigen Boden zum Stehen zu bringen, gar nicht so leicht mit der Satteltasche und dann laufen wir einfach hier mal ein wenig rum und begucken uns die Landschaft.
Fotografieren.
Marcus bestimmt mit einer App Pflanzen und wieder freuen wir uns an dem Vogelgezwitscher.
…dann nimmt „ER“ mir freiwillig die mit Picknick gefüllte Satteltasche ab. Yeah … jetzt geht es leichter bergauf.
…und dann finde ich ein erstes Mal eins dieser wirklich zahlreich angebrachten Schilder.
Es versucht uns Besucher dringend darauf hinzuweisen, dass dieses Gelände aufgrund der militärischen Vergangenheit lebensgefährlich sein könnte.
Unterirdische Bauten, Munition und grundsätzlich das Ziel, die Natur hier zu schützen verbieten es auf dem gesamten Gelände, in den Wald hineinzulaufen.
Wir fahren durch die heute recht staubige Landschaft weiter, klingeln einige Spaziergänger beiseite und sehen, wie eine Familienmama mit ihrem Ehemann und ihrem Teenager über die Weiterfahrt verhandelt. Und das schon nach nur wenigen Kilometern. Also wie gesagt, die Heide ist kein Spaziergang für Normalfahrräder. Eher was für Mountainbikes.
Kurz darauf erreichen wir eine Kreuzung – an dem besagten Zaun. Der doppelreihige Zaun, der sich von nun an immer links von uns befindet. Denn an der ersten Kreuzung, wo der Zaun zu sehen ist, biegen wir nach rechts ab. Was heute hier auffällt, ist der hammermäßig gelb und zahlreich blühende Ginster. Den lieben wir, denn der erinnert uns an ein Reiseland, wo wir auch die Ginsterzeit voll erwischt hatten und im Prinzip das erste Mal so richtig auf ihn aufmerksam geworden sind.
Nach wenigen Kilometern erwartet uns der Aussichtsturm am Finkenberg. Die letzten Meter zum Turm hin schiebe ich mühsehlig mein Rad die kleine Anhöhe hinauf.
Sand … tiefer Sand. Wie im Buddelkasten. Hatte ich das schon erwähnt?
Am Aussichtsturm gibt es, wie ein paar Mal unterwegs, ein Picknickplätzchen mit Tisch und Bank. Hier speist gerade das Ehepaar, welches uns paar Minuten vorher vertraut hatte und ebenfalls, hinter uns her, die falsche Abbiegung genommen hat.
Wer in die selbe Richtung geht – trifft sich hier immer wieder. Das ist irgendwie nett. Gleich, wenn wir oben sind – werden sie uns von unten zurufen, dass sie sich erst einmal stärken müssen und dabei mit der Möhre wedeln.
Der Aussichtsturm thront bis in eine Höhe von 85 Metern über dem Meeresspiegel. Der Turm selber, da spaltet sich die Internetmeinung ist aber nur was bei 13 – 15 Meter hoch.
So schlimm ist der Aufstieg auf den Turm wirklich nicht.
Für nicht ganz höhentaugliche Besucher der Hinweis – die Stufen bestehen aus Gitterroststufen.
Man kann komplett durchschauen und das Geländer, siehst du ja auf dem Foto, ebenfalls aus paar Zentimeter auseinander stehenden Streben.
Auch der Minirundgang oben ist komplett zum Durchschauen. Das muss man mögen, genau wie den Lärm, den ein paar Halbstarke im Beisein ihrer Eltern durch extremes Rütteln am Turm erzeugen. Das Ding quietscht und klappert wie sonstwas. Ein älterer, unten stehender Mann meint, das sei seine Sippe …. ich konnte mir einen Kommentar leider nicht verkneifen und habe bierernst noch darauf hingewiesen, dass ich es wirklich nicht witzig finde, in einem Naturschutzgebiet so einen Lärm zu erzeugen. Guckten mich ungefähr 14 große Augen an, die Mädels kichern verstohlen. Verrückt die Menschen.
Erst als die jugendlichen Peoples sich in sicherer Entfernung wähnen, dröhnen ein paar Kommentare zu uns hinauf.
Denn mittlerweile sind wir den Turm hinaufgeklettert und sehen sehr gut den Berliner Fernsehturm und den Teufelsberg, fast zum Greifen nah.
Hier verliert sich völlig das Gefühl für Entfernung. Potsdam ist komplett hinter einem Berg versteckt. Ein paar Ortsnamen sind in der Kuppel angebracht, so weiß man die Richtung, in die man schaut.
Schon nach diesen heutigen paar bootcampähnlichen Kilometern entschließen wir uns, die Runde um die Wildniskernzone aufgrund der Wegbeschaffenheit nicht voll zu machen.
Wir schauen bei google und nehmen einen anderen vom Turm wegführenden Weg.
…haben aber die Rechnung ohne die militärische Geschichte des Geländes gemacht. Schon nach nur wenigen Metern stehen wir vor diesem Schild. Das ist soooooo schade, denn dieser Weg sieht viiiiiiel besser aus. Den Spuren im Sand nach zu urteilen, fahren hier immer mal LKW, der Weg scheint viel fester. Nützt nix – wir drehen um und schieben zum Turm zurück …..
Also fahren wir die Runde doch noch ein Stück weiter um dann irgendwo Richtung Seeburg oder Groß Glienicke auszusteigen.
Der Weg ist im Prinzip nahtlos so, wie es auf diesem Foto ausschaut.
Links der Zaun, rechts das Gelände, wo man nicht reindarf. Rundherum zwitschern die Vögel und gerade jetzt im Frühjahr ist natürlich alles herrlich grün.
Ich mag diese Runde sehr, Marcus findet es doof, immer an einem Zaun entlangzugehen. So verschieden sind die Meinungen – immerhin besteht ja auf der ganzen Runde die Chance, ein paar der hier angesiedelten Wildtiere zu entdecken …. und so soll es kommen ….
Es vergehen wirklich nur ein paar Minuten, da beginnt ein mächtiges Blöken und – ja, ich möchte fast sagen – ein richtiges Schreien, wie man es nur von Schafen kennt.
Irgendwo dahinten rechts aus den Büschen.
Ach … guck mal Ziegen…..
Tja Marcus – sorry, das dauert jetzt…..
…denn ich stelle jetzt erst einmal in Ruhe mein Fahrrad wieder ab … und fotografiere die Tiere. Ich möchte das einfach mit euch hier teilen.
…und er hier, war sehr fotogen. Blieb wirklich lange und neugierig stehen.
Wir haben richtig Glück.
Auf der Seite der Sielmannstiftung finde ich die Antwort für den Lärm.
Ende April 2020 brachte ein Schäfer – sage und schreibe 900! Schafe und 150 Ziegen und kurz darauf ein weiterer Schäfer nochmals 800 – 1000 Schafe und Ziegen. Erst seit Mitte Mai kann man sie sehen und insgesamt sollen es 4000 Tiere werden… und wir haben das Glück … ich freu´ mich wie Bolle.
Das ist wirklich sehr nett. Die Tiere sind hier zur Landschaftspflege „angestellt“. Ich halte mich eine ganze Weile am Zaun auf … und dann ist Marcus weg. Hm. War wohl doch nicht so das Männerprogramm an einem Himmelfahrtstag …. also nix wie hinterher.
Schon kurz darauf finde ich ihn. Sitzt er ganz erwartungsfroh auf einer Picknickbank an einer Kreuzung.
Stimmt. Da war ja noch was in unserer Tasche. Weintrauben, Brotaufstrich, Roggenknäcke, Banane und Gurke.
Kurzes Idyll und schon kurz darauf geht ein richtiger Menschenauflauf an dieser Kreuzung los. Ein Pärchen fährt hierlang, kehrt zurück, fährt da entlang und kommt auch wieder zurück …. mittlerweile befragt uns eine dazugekommene Radlerin, wo der Ausgang sei – die Bodenbeschaffenheit sei nix für ihre neue Hüfte. Wir schauen für sie bei google und währenddessen kommt das nächste Pärchen – und fragt wo es rausgeht … alle wollen raus, alle finden den Sand anstrengend bis gefährlich. Im Netz erfahre ich später in einer Wandergruppe, dass an dem Tag leider sogar der Rettungswagen ein Sturzopfer abholen musste. Also – auch wenn ich mich wiederhole – seid vorsichtig.
Auch wir verlassen dann die Döberitzer Heide und fahren nach Groß Glienicke. Hier gibt es den Groß Glienicker See und wenn er auch nicht weit weg ist von uns zu Hause, habe ich ihn noch nie gesehen.
Früher verlief die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland direkt durch den See und damit durch den Ort. Im Ostteil lebten damals vor allem Privilegierte. Normalbürger durften gar nicht hin. (den Grenzverlauf – auch durch den Groß Glienicker See – kannst du bei google-maps ganz schön sehen)
Heute ist hier ein ganz normaler gut besuchter Badesee mit einem Uferweg, bei dem es ähnlich wie am Griebnitzsee Eigentumsstreitigkeiten gibt. Irgendwann stehen wir einfach vor einer Hecke. Blöd….. naja….jeder braucht scheinbar sein Podest.
Wir radeln nun also, zusammen mit einer Menge Feiertagsausflügler, auf dem Mauerweg – kämpfen uns noch im Wald einen mächtig langen Berg hoch und erreichen gleich darauf die Kladower Straße. Schön asphaltiert rollt es jetzt sehr gut – allerdings muss man hier seltsame Überholmanöver der Autofahrer aushalten, die verständlicherweise nicht lange Lust haben – einer Horde Radfahrer hinterherzutuckeln.
Ich bin richtig froh, dass wir schon in Kürze den Park Sacrow rund um die Sacrower Heilandskirche erreichen. (allein die ebenfalls geschichtsträchtige Kirche mit einem Bummel über das Meedehorn ist einen Ausflug wert).
Wir durchqueren heute jedoch ohne Kirchenbesuch recht zügig den Park bis zum Wasser – jetzt ist es die Havel. Von hier aus können wir übrigens die Glienicker Brücke sehen, das heißt – wir sind schon sehr nah an zu Hause.
Durch den Wald, immer in Sichtnähe zum Wasser, fahren wir nun zurück Richtung Krampnitz. Hier ist es immer – wirklich immer – ein wenig wuselig. Vorsicht besonders in der Kurve, da schießt schon mal ein Radfahrer auf der Straßenmitte rum.
Den Rest des Weges kennt ihr schon – über die Bundesstraße 2 fahren wir zurück zur Kirschallee und am Ende des Tages stehen auf der Uhr genau 42 Kilometer.
Welche Erlebnisse hattest du schon in der Döberitzer Heide?
Bei unserer damaligen Umwanderung der Wildniskernzone hatten wir das Glück, die dort angesiedelten Wisente sowie die Przewalski-Pferde zu sehen. Schau dir gern noch das kleine Video an. Es war eins meiner ersten Videos, welches ich geschnitten hatte.
Fazit: Eine sehr abwechslungsreiche und auch anspruchsvolle Radtour. Eine gewisse Grundkondition, Gedult und Absprungbereitschaft vom Rad solltest du mitbringen.
Preis: Die Einfahrt bzw. die Wanderung in die Döberitzer Heide ist kostenfrei. Auf der Seite der Sielmann-Stiftung ist ein Spendenkonto angegeben.
Versorgung: Es gibt unterwegs Picknickbänke aber keinerlei Versorgung. (!Wasser und Snack unbedingt mitnehmen)
Sanitasche: …immer gut eine dabei zu haben. Auch, um eventuell anderen zu helfen.
Orientierung: die Beschilderung ist nicht immer schlüssig, teilweise nicht vorhanden – vor allem, wie beschrieben, für die Ausgänge. Internetfähiges Handy oder eine gute Wanderkarte zwingend erforderlich … denn es gab tatsächlich schon einige Sucheinsätze samt Helikopter. (Maz-Zeitungsbeitrag)
Vielen Dank wie immer für´s mitradeln, mitdenken und mitfiebern … wenn du einen Wunsch hast, worüber ich mal bloggen soll … dann immer her damit. Ich freue mich über eine Ausflugsidee vor allem im Potsdamer Raum oder auch in Potsdam … das können wir an einem Wochenende erreichen.
Ansonsten genieße den Frühling – raus mit dir … und wenn es nur drei Schritte vor die Haustür ist!
Bis bald.
Autorin: Sandra Hintringer
2 Kommentare
Ich war vor 2 Jahren dort, eine schöne Landschaft. Schade, dass ich nicht so gut mit dem Rad unterwegs bin. Toller Bericht !
Hallo Sandra,
ja, die Döberitzer Heide muss man erobern wollen :-). Eine schöne Tour hast Du da gemacht!
Aber der besondere Charme zieht auch mich immer wieder mal dorthin – nur nicht in brüllender Sommerhitze.
Viele Grüsse
Sandra