Japan 3. Tag: Bärenalarm und Weltkulturerbe Shirakawa-go
Zwei Tage sind wir nun schon in Japan mit dem Wohnmobil unterwegs. Es ist kurz nach 10.00 Uhr und wir starten am Michi no Eki in Okuhida. Alle anderen, welche entweder in PKW´s oder LKW´s ebenfalls hier übernachteten, sind schon weg, nur wir haben noch schnell Kaffee am Bordstein getrunken.
Japan ist weit, die Landstraßen durch die Alpen lang. Immer wieder halten wir irgendwo unterwegs an. Hier mal kurz vorm Tunneleingang, mal in kleinen Dörfern, fotografieren ohne Ende Reisfelder.
Wir entdecken einen Fischer, besichtigen einen kleinen Schrein und eigentlich wollen wir heute noch nach Shirakawa-go. Ein Weltkulturerbedorf mit den berühmten sogenannten Häusern im Gassostil.
Unser Tagesplan wird mächtig durchkreuzt, als wir plötzlich auf der Bergstraße Nummer 360 vor einem Sperrschild stehen.
Es nützt nix, wir müssen zurück und einen riesengroßen, mehrstündigen Umweg fahren. Durch den Ort Hido und vorbei an Takayama. In Hido kehren wir kurz in ein Restaurant. Marcus probiert mal eine original japanische Speise. Ramen. Eine ziemliche aufgepeppte Nudelsuppe, die landesweit in gut 200.000 speziell dafür betriebenen Ramen-Restaurants angeboten wird. Und natürlich bekommt man die Suppe auch in vielen anderen Restaurants.
Am Anfang unserer Reise fanden wir es gar nicht so leicht, Restaurants auch als solche von außen zu identifizieren. Später wissen wir, dass in der Tür eines Restaurants fast immer ein bis zwei Tücher glatt von oben nach unten hängen.
In diesem heutigen Restaurant ist mein Lonely Planet Japanese Phrasebook
(*Werbung) sehr hilfreich. Ein Übersetzungsbuch, wo ganz Wortgruppen in japanisch geschrieben sind. So lasse ich die Kellnerin die Phrase lesen: „Ich bin Vegetarierin.“ Und genau hier beginnt die Herausforderung im fischdurchdrungenen Japan. So schaut dann also ein Essen mit Kompromissen aus:
Nudeln mit Sojasauce, etwas Gurke, Pilze und Ei. Satt wird man immer aber ganz ehrlich – richtig schlemmen sieht anders aus. (mal kurz auf hohem Niveau bisschen gemeckert 😉 )
Auf der Weiterfahrt sehen wir irgendwo ein Schild mit Wasserfall. Also biegen wir nochmal ab. Auf einem kleinen Umweg schlängelt sich die Straße fünf Kilometer bergauf durch ein niedliches Örtchen und auch hier, wie soll es anders sein, werden die Reisfelder gerade mit Wasser befüllt und mit Setzlingen bestellt. Ein wunderschöner Anblick.
Hätte ich gewusst, dass direkt am Parkplatz mit großen gelben Schildern vor Bären gewarnt wird, hätte ich den Vorschlag nie im Leben gemacht. So entdecke ich das Schild erst, als ich schon eine Weile im Gelände umhergestreift bin.
Im Eiltempo, unter Zetern und mächtigem Lärm meinerseits stapfen wir die paar Stufen, die sich der Wasserfall den Hang runterstürzt hinauf. Ich glaube die Gesamtstrecke beträgt was bei einem Kilometer. Immer wieder treibe ich Marcus an, hier ist mir alles andere als wohl. Zudem ist dieser Wald rund um den Wasserfall ein echter Märchenwald. Moosbewachsene Steine, Hölzer, dichter Pflanzenwuchs.
Braunbären und auch Kragenbären kommen hier in Japan vor. So wunderschön und verwunschen wie die Natur rund um den Wasserfall ist, so unentspannt ist es auch. Zumindest für mich. Immer wieder observiere ich die Umgebung. Marcus macht seelenruhig ein paar schöne Fotos. Er würde Meister Petz am liebsten mal treffen. Warum haben eigentlich die Frauen die ganzen Angstgene abbekommen?
Letztendlich haben wir es natürlich überlebt, kaum wieder auf der Straße, halten wir auch schon wieder an und fotografieren das nächste Reisfeld. Man könnte glatt sagen, wir sind in den für uns so fremden Anblick vernarrt. Nun aber los.
Das noch etwa 60 Kilometer entfernte Weltkulturerbedörfchen Shirakawago wartet auf uns. Unterwegs werden wir noch kurz von einem gigantischen Staudamm abgelenkt. Doch dann tatsächlich. Direkt mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Shirakawa-go gerade noch so. Wir parken das Auto auf einer Schotterfläche am Straßenrand und stürzen steifen Schrittes über den großen leeren Besucherparkplatz und dann über die ortszuführende Brücke.
Verlassen von allem Touristentrubel liegt es im sich sanft bildenden Abendnebel.
Der grad durchgezogene Regen läss das Gras duften. Der öffentliche Parkplatz schließt übrigens 17.30. Das ist bereits eine Stunde her. Nun aber schnell zu Fuß durch den Ort gewandert. Hier in Japan wird es zügig dunkel. Alle Häuser, sämtliche Gastronomie hat geschlossen – dafür gehen so hier und da ein paar spärliche Lichtlein an und lassen die reetgedeckten Häuser schön dastehen.
1995 wurden diese Dörfer als Weltkulturerbe anerkannt. Zu recht, wie wir finden. Die Stimmung ist einzigartig, nur ein paar vereinzelte Touristen stromern mit uns durch den Ort.
Frösche beginnen ihr Konzert und auch hier entdecken wir ganz fotogen zwischen den Häusern Minireisfelder. Ein kurzer dafür aber romantischer Anblick eines Ortes, welcher vermutlich zu Tageszeiten von Touristen nur so überrollt wird.
Der ganze Ort besteht aus den mit Stroh gedeckten sogenannten Gasshohäusern, dies bedeutet soviel wie: „Zum Gebet gefaltete Hände“. Die Dächer sind bis zu 60° geneigt, so können diese Häuser dramatischen Schneefällen trotzen.
Und noch ein letztes, weil es so schön und einzigartig ist:
Mit Ach und Krach versorgen wir uns im nahegelegenen Konbini mit ein paar Reiscrackern. Müsli haben wir noch. Die abendliche Futterausbeute ist echt spärlich aber Gott sei Dank hat überhaupt noch ein Shop auf. Ab morgen wollen wir unseren Tag zeitlich umstrukturieren. Ab 17 haben leider alle öffentlichen Restaurants hier in der Provinz geschlossen, denn die meisten Touristen essen dann in ihren Unterkünften. Auf Selbstfahrer sind zumindest die kleineren und abgelegeneren Gebiete absolut nicht eingestellt. Damit hätten wir überhaupt nicht gerechnet.
Kurz hinter dem Ort gibt es zu unserer Freude wieder einen kostenlosen Michi no eki Rastplatz. Freies W-lan, eine gute Touristeninformation und einen kontaktfreudigen Japaner. Wir erfahren, dass er nach sage und schreibe 3 Tagen Urlaub nun schon wieder auf der Heimreise ist. Die Japaner machen meist nur sehr spärlich Urlaub, selten verbrauchen sie alle ihnen zustehenden Tage, denn sie stehen voll und ganz im Dienste der Firma. Zudem übernachtet dieses Pärchen im PKW. Das finden wir fast ein wenig traurig und als üblicher Urlaub für uns Deutsche fast undenkbar.
Gefüllt mit Eindrücken mummeln wir uns auf unser 1,20 Bett und freuen uns schon auf den nächsten Tag. Ein weiteres Weltkulturerbedorf – Gokayama wartet auf uns.
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