Tripp Tipp

Auschwitz: Ein Ort, der nie vergessen werden darf

Auschwitz Birkenau II Judenrampe Tor
Lesedauer 17 Minuten

Am 27. Januar 2025 jährt sich um 80. Mal die Befreiung von Auschwitz. Dieser Ortsname klingt für viele schwer und um dir den Einstieg in diesen Beitrag zu erleichtern, möchte ich mit einem ersten Eindruck unseres Besuches der Gedenkstätte beginnen: Noch nie habe ich mich so sehr über Massen an Touristen an einem Ort gefreut. Die vielen Menschen, die bereit sind, die Erinnerungen vor Ort zu erleben, durchzuarbeiten und hoffentlich zu transformieren, geben mir vor allem eines: Hoffnung. In diesem Beitrag möchte ich einen Überblick über die Gedenkstätte geben und unsere Eindrücke während unseres Besuches schildern. Der Beitrag ist recht umfangreich, nimm dir wenn möglich einfach ein wenig Zeit dafür, das Thema hat es verdient. Tja und um dich in meine Beiträge reinzuholen schreibe ich sonst an dieser Stelle ja oft: „Schnür die Schuhe“ oder „Nimm Dir einen Tee.“. Was soll ich hier nur sagen? Am ehesten: Nimm einfach deinen Mut zusammen und hangle dich zunächst durch die Buchstaben und später vielleicht selbst mal durch die Gedenkstätte Auschwitz.

Ankunft in Auschwitz – Oświęcim

Die Fahrt zur Gedenkstätte Auschwitz dauert mit dem Auto von Potsdam aus etwa 6 Stunden und wir erreichen den Ort sowie unser vorab gebuchtes Hotel Imperiale in der Dunkelheit. Es ist Donnerstagabend. Es bleibt noch genug Zeit, den Eingang der Gedenkstätte zu erkunden und sich ein wenig mit der Stimmung vor Ort vertraut zu machen. Wir reisen Anfang Dezember, das Hotel ist recht schmal besucht, der Ort wirkt ruhig und fast ein wenig trostlos. Der Parkplatz der Gedenkstätte ist zwar noch erleuchtet, das Tor jedoch bereits verschlossen.

Haupteingang Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
Haupteingang Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Der Dezemberabend ist kalt, Smog hängt in der Luft.

Zahlreich angeklebt an einen Laternenmast, teils leicht verwittert, berühren uns die bunten Eintrittstickets. Spanisch, Polnisch, Englisch, Deutsch – Menschen aus aller Herren Länder reisen nach Auschwitz und signalisieren mit dem Ankleben: Ich war da und habe ein Funken Farbe und Hoffnung an diesen grausamen Ort gebracht.

Tickets an einem Laternenpfahl I Auschwitz
Tickets an einem Laternenpfahl I Auschwitz

Eintritt in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Zuversichtlich, ob der abendlichen Ruhe, fahren wir am kommenden Tag ohne großen Zeitpuffer mit dem Auto vom Hotel zur Ausstellung. Hui, da staunen wir bei Einfahrt auf den Parkplatz nicht schlecht.

Busse über Busse und noch viel mehr PKW fahren und parken bereits auf dem Platz. Darüber hinaus steht bereits eine lange Schlange bis hinaus vor das Tor. Mit allem haben wir gerechnet, damit eher nicht. Ein leichtes Gefühl der Panik steigt auf, dass wir es nicht rechtzeitig zur gebuchten Tour schaffen. Während Marcus unser Auto auf einer der letzten freien Stellflächen auf dem Parkplatz unterbringt, bin ich vorab aus dem Auto gesprungen, um mich schon mal in die Schlange einzureihen.

Der Parkplatz kostet 20 Zloty pro Tag und PKW / ca. 4,68 Euro Stand: Dezember 2024.

Parkplatz Gedenkstätte Auschwitz
Parkplatz Gedenkstätte Auschwitz

Am Eingang herrscht ein wenig Tumult und ich kann nicht direkt erkennen, ob ich in die linke oder rechte Schlange gehöre. Letztendlich stellt sich heraus: Rechts stehen die Leute, die sich noch ein Ticket kaufen möchten. Links stehen die Leute an der Sicherheitskontrolle. Eine von uns, nicht ich – traut sich an der Tür zu fragen, ob wir uns tatsächlich ob der kurz bevorstehenden Tour anstellen müssen. Nein, müssen wir nicht, es gibt eine Schnell-Läufer-Spur und schon stehen wir in der Sicherheitskontrolle.

Ähnlich wie am Flughafen heißt es hier nun Jacke aus, Taschen leeren und ab damit durchs Röntgengerät. Kleiner Hinweis zur Taschengröße: In die Ausstellung dürfen Taschen oder Rucksäcke mit Maximalmaß 35 x 25 x 15 mitgenommen werden. Ziemlicher Trubel, hier müssen in kurzer Zeit unfassbar viele Besucher durch. Dennoch geht es schnell, die Mitarbeiter der Gedenkstätte arbeiten routiniert.

Und wo geht nun unsere Tour los?

Tja, dann stehen wir leicht verloren in so etwas wie einem Foyer. Zwar gibt es einen Monitor, wo die bald startenden Touren aufgeführt sind. Da steht alles dran – nur nicht die deutsche Tour. Oh, das macht kurz seltsame Gefühle. Will man uns hier etwa nicht?

Auch das Tour-Klebchen bringt mich in meiner lebhaften Phantasie leider viel zu schnell in ein Gefühl, was ich nicht unbedingt haben muss. Fast durchnummeriert, mindestens klassifiziert harren wir nun der Dinge, die da kommen. Das da „Deutsch“ auf meinem Schild steht, würde ich gern verbergen. Aber irgendwie müssen wir uns den Dingen ja stellen. Da ich weiß, dass ich keinerlei Schuld an den Greueltaten trage, gehe ich einfach nur in Kontakt mit all diesen Gefühlen und prüfe, soweit dies in dem Tumult überhaupt möglich ist, was diese mit mir machen.

Ticket Musem Auschwitz
Tour-Ticket Auschwitz-Birkenau

Wieder nicht ich aber aus unserer Gruppe wird schnell am Schalter gefragt, wo es denn nun eigentlich für uns losgeht. Wir haben eine 6 Stunden-Tour gebucht und würden ungern den Start verpassen. Hach, ein wenig aufgeregt waren wir schon. Das lässt sich nicht leugnen und deshalb rennen die Damen nochmal schnell aufs Klo – denn auch das lässt sich an der Stelle überhaupt nicht voraussehen, wann wir innerhalb der 6-Stunden-Tour das nächste Mal die Möglichkeit haben, ein WC aufzusuchen. Zur Info: Die Tour wird nach angemessener Zeit explizit für eine Pinkelpause gestoppt.

Dann stehen insgesamt 14 Leute im Kreis und eine im leicht gebrochenen aber sehr gut verständlichen Deutsch sprechende Tourleiterin empfängt uns und versorgt uns zunächst mit Kopfhörern. Ihr ist sehr daran gelegen, dass alle gut hören können. Immer wieder fragt Sie: „Können Sie mich verstehen?“ – Das finde ich toll und habe ich so noch in keiner Ausstellung erlebt.

Ihr Gesichtsausdruck ist dahinter freundlich, vorne ist er konzentriert, ernst und die Schwere dieses Ortes ein wenig in sich tragend. Wie schafft man das eigentlich als Guide, sich täglich mit dieser Materie zu befassen? Später werden wir genau darüber noch ein wenig mit ihr sprechen.

Die Tour geht los. Schweigend durchschreiten wir den trostlosen Gang, in dem nahtlos die Namen der Opfer vorgelesen werden. Es fällt schwer, sich schnell und tief einzulassen.

Hinter mir lacht eine Frau. Auch wenn lachen natürlich nicht verboten ist, so scheint es zumindest mir sehr unpassend an dieser Stelle. Die ist wohl noch nicht so ganz im Tunnel angekommen, bewertet mein Gehirn.

Tunnel in dem Namen der Opfer vorgelesen werden

Geführte Tour Konzentrationslager Auschwitz 1 / Stammlager – der Vormittag

Nachdem wir den Tunnel durchschritten haben, stehen wir auf dem Gelände des ab 1940 betriebenen Konzentrationslagers Auschwitz 1. Zunächst errichtete man ein Männerlager, ab 1942 dann auch noch ein Frauenlager. Die Geschichte des Lagers ist komplex, zunächst diente dieser Teil als Arbeitslager in dem vor allem Gegner des NS-Regimes interniert wurden.

Für einen ersten Überblick werden wir in das kleine Kino gesetzt und schauen einen 7-minütigen Film. Der Film ist traurig und holt mich ab.

Kinofilm Auschwitz
Einstieg über Kinofilm Auschwitz

Dann beginnen sich die Dimensionen des Konzentrationslagers so allmählich vor uns auszurollen, wir durchschreiten das zynisch titulierende Tor: „Arbeit macht frei“

Hier wollte man nach innen gerichtet den Gefangenen die Hoffnung geben, dass sich harte Arbeit auszahlt sowie nach außen den Anschein einer geordneten Struktur geben. Traurig trudeln ein paar letzte Laubblätter herab und zugegeben, ich habe ein wenig Stress. Ich möchte gut zuhören, verstehen und nachfühlen. Gleichzeitig möchte ich aber auch für euch ein paar gute Fotos mitbringen. Gar nicht so leicht, denn die Tour hat ein eher hohes Tempo und überall hüpfen Menschen ins Bild.

Heutzutage steht dieses Tor als Symbol für die schrecklichen Verbrechen des Holocaust und es bedeutet mir sehr viel, jetzt als freier Mensch hindurchzugehen und später irgendwo anders aus dem Lager wieder hinaus.

das Tor zum Konzentrationslager Auschwitz I
Das berühmte Tor zum Konzentrationslager Auschwitz 1

Der Rundgang führt nun von Backsteingebäude zu Backsteingebäude und es geht thematisch durch das typische Lagerleben. Manche Häuser werden extra für die Tour aufgeschlossen, fast vor jedem Haus stehen große Gruppen von Menschen.

unzählige Gruppen sind auf dem Gelände unterwegs

Vielleicht ist es gut, dass wir in höherem Tempo, ich nenne es mal „durchgeschleust“ werden. Denn Arbeit machte an dem Ort nicht frei, sondern führte unter unmenschlichen Bedingungen relativ sicher zum Tod. Manche Dinge, die man hier hört und sieht kann man schwer verstehen und vielleicht auch nicht so gut vertragen.

Banal und organisatiorisch schaut es aus aber so klebt es da – eins von vielen Schildern: „Weg des Todes“

The Road of the Death
Raumbeschriftung KL Auschwitz 1 – Weg des Todes

Allgemein und sicherlich mit Absicht ist die Ausstellung recht karg gehalten. Fotos, Zeichnungen oder Gegenstände sind eher minimalistisch präsentiert. Entgegen der heutigen Museumskultur geht es hier Gott sei Dank nicht um Mitmachen, sondern vor allem um zwar zügiges aber dennoch bedächtiges Vorbeigehen, anschauen und langsam ins Hirn sickern lassen.

Eigentlich selbstredende und völlig schlüssige Fotos werden von unserer Tourleiterin erklärt. Das hilft, eben nicht einfach vorbeizugehen, sondern kurz innezuhalten. Hier zum Beispiel der Bahnsteig wo die Menschen ankamen und direkt selektiert wurden.

Foto vom Bahnsteig Auschwitz-Birkenau

Wir dürfen in die ehemaligen Schlafräume schauen.

Schlafräume Auschwitz
Schlafräume Auschwitz

Dann noch in die Toiletten:

Toiletten Auschwitz
Toiletten KZ Auschwitz

Und in die Waschräume – erst später wird mir einer von uns sagen, dass an der Wand geschrieben steht, wie die Leute sich waschen sollten. Das war mir vor Ort entgangen.

„So ist es richtig“ (schön sauber putzen, so wie es eine Katze macht).

Waschraum Auschwitz 1
Waschraum Auschwitz 1

Zwischendurch mal ein kurzer Eindruck, wie knotig es an einigen, nicht an allen Vitrinen wurde.

Besucherandrang Auschwitz 1

Diese Dinge lassen sich nicht leugnen

Schon bald erreichen wir Räume, in denen fotografieren verboten ist.

Unvorstellbare 2 Tonnen Haare liegen da vor uns – ein leichtes Übelkeitsgefühl macht sich in mir breit. Das Abschneiden der Haare diente der Demütigung, der Entwürdigung und für ein paar Pfennig pro Kilo wurden sie an die Textilindustrie verkauft. Widerlich. Einfach nur widerlich, wer so etwas zu verantworten hat.

Gott sei Dank geht es schnell weiter aber es wird nicht wirklich besser, fotografieren ist wieder erlaubt.

Unzählige leere Büchsen des für die Massenmorde verwendeten Blausäure-Biozids Zyklon B finden sich hinter einer weiteren Scheibe. Schon nach wenigen Atemzügen führt das Einatmen dieses Stoffes zur inneren Erstickung, zur Stilllegung der Zellatmung.

leere Zyklon B Dosen
Zyklon B – leere Dosen

Es folgen Teller, Schüsseln, Kannen, Töpfe – unfassbar viel Geschirr, was die Gefangenen ins Lager mitgebracht hatten.

Geschirr in der Gedenkstätte Auschwitz

Auch dieses Foto zeigt nur einen minimalen Ausschnitt der dort gezeigten Orthesen, Prothesen, Gehilfen. Die Ursachen, für die diese Dinge benötigt wurden, waren wohl das kleinste Problem, was die vielen Betroffenen hatten.

Prothesen, Orthesen, Gehilfen

Die Gegenstände sind alle hinter Scheiben kompakt aufgehäuft. Das nächste Schaufenster ist etwas kleiner – die Gegenstände sind ja auch viel kleiner. Die Menge ist jedoch beachtlich, es sollen 40 Kilogramm sein: Brillen oder vielmehr das, was davon übrig ist.

Brillen / Brillengestelle

So richtig dramatisch wird es eigentlich bei den Schuhen. Berge über Berge von Schuhen.

80.000 einzelne Schuhe lagern hier.

Große, kleine, Damenschuhe, Herrenschuhe, ausgelatschte Schuhe.

Schuhe in Auschwitz
Schuhe in Auschwitz

Den größten Symbolcharakter haben wohl die Koffer. Um die 3800 stumme Zeitzeugen für eine Reise ohne Rückkehr lagern hier.

Koffer in Auschwitz
Koffer in Auschwitz

Der Schrecken im Schrecken: Block 11 KZ Auschwitz I

Zumindest außen gleicht gefühlt ein Block dem anderen. Irgendwann stehen wir vor Block 11, der auch als Todesblock oder Bunker bezeichnet wurde. Hier befand sich das Lagergefängnis. Um hier arrestiert zu werden, reichte es, Schmuggelware wie Nahrung oder Wertgegenstände zu besitzen, es reichte, sich am Widerstand gegen die Lagerleitung oder an Fluchtplänen zu beteiligen. Auch der Kontakt mit der Zivilbevölkerung konnte zur Einweisung führen.

In diesem Block ist es besonders voll. Wie die Lemminge laufen wir in langer Menschenkette die Kellertreppe hinunter. Auf der anderen Seite kommt uns eine Kette Lemminge entgegen. Alle schweigen. Die Funkverbindung reist ab aber ich höre noch, dass wir nun in den Bereich der Stehzellen, Hungerzellen und Dunkelzellen kommen. Ganz unheimlicher Keller, selbst als wir nur kurz durch die Gucklöcher in den Türen in die Zellen schauen.

Auf dem Bild siehst du den Hof zwischen Block 10 und 11, hier fanden unzählige Häftlinge den Tod durch Genickschuss.

Hof zwischen Block 10 und Block 11
Hof zwischen Block 10 und Block 11

Ein paar Meter weiter sehen wir den Eingang des Häftlingskrankenhauses. Block 21 – nicht wirklich ging es hier darum, dass Menschen gesund werden durften. Vielmehr ging es um Abschottung und damit Verhinderung der Ausbreitung von Seuchen. Gleichzeitig wurden im Lager im großen Stil medizinische Experimente durchgeführt. Zu trauriger Berühmtheit hat es diesbezüglich Dr. Josef Mengele geschafft, der regelmäßig sowohl an der Rampe im Lager Auschwitz-Birkenau als auch in den Krankenlagern Rundgänge machte, um Neuankommende oder Lagerinsassen für seine Experimente zu selektieren.

Block 27 – Dauerausstellung SHOA – Die Ermordung der Juden

Gerade recht kommt mir dann die Gelegenheit, mich kurz hinzusetzen. Die Tour durch das Stammlager ist mittlerweile in Block 27 angekommen. Ich muss gestehen, dass bereits an dieser Stelle mein Gehirn von den Reizen ausreichend geflutet war. Ich kann mich kaum an die Erzählungen der Tourleiterin erinnern – während sie redet, starre ich auf den Schriftzug und stelle fest, dass ich mich bisher viel zu wenig mit dem Thema beschäftigt habe.

SHOA

Das ist das hebräische Wort für Katastrophe. Ein bekannteres Wort ist Holocaust.

Schriftzug im Eingangsbereich
Schriftzug im Eingangsbereich

In diesem Block befindet sich eine Dauerausstellung zur SHOA. Der Besucher soll an dieser Stelle begreifen, dass das Lager Auschwitz Teil eines großen Ganzen ist, das Thema der Judenverfolgung und Ermordung ein globales. Dieser Teil der Ausstellung hat mir rein von der musealen Darbietung sehr gut gefallen.

Der kleine Rundgang führt durch verschiedene Räume. Zunächst finden wir uns ein einem länglichen Raum, in welchem zunächst gar nichts zu sehen ist und wie wir es vom Rundgang gewöhnt sind, laufen wir langsam durch. Plötzlich erscheinen rund um uns unbeschwerte Videoszenen aus dem Leben der Juden in Europa und Nordamerika. Wir sind sozusagen mittendrin. Hier verweilt man sehr gern, die Bilder zeugen von Kinderlachen, Unbeschwertheit, vom ganz normalen Leben.

Ein Stück weiter sprechen in einer Videopräsentation Vertreter der Nationalsozialisten, strecken ihnen junge deutsche Mädchen scharenweise den Arm entgegen, tanzen gewisse Symbole vor unseren Augen. Eigentlich möchte ich weitergehen, mich widern diese Reden an. Die meisten unserer Tourgruppe bleiben jedoch stehen – ich auch. Das nenne ich mal Gruppendynamik. Symbolhaft an dieser Stelle, an welcher der Ausstellungsbesucher mit den zentralen Grundsätzen der deutschen nationalsozialistischen Rassenideologie, der Hauptmotivation der Deutschen zur Vernichtung der Juden, konfrontiert werden soll.

Es folgt Kartenmaterial, welches in Zahlen und Gebieten die Dimension der Vernichtung darstellt.

Ganz besonders berührend ist ein Raum, in dem unzählige Kinderzeichnungen gezeigt werden. Dieser Raum ist den 1,5 Millionen Kindern gewidmet, die – nicht ausschließlich in Auschwitz, sondern in der Zeit der SHOA ermordet wurden.

Kinderzeichnungen Auschwitz
Kinderzeichnungen Auschwitz

 

Kinderzeichnungen Auschwitz
Kinderzeichnungen Auschwitz / Die Judenrampe / Die Selektion

 

Kinderzeichnungen / Galgen und Abtransport

Und schlussendlich folgt das wirklich einzigartige „Buch der Namen“. Dies hat monumentalen Charakter, denn es enthält Millionen von Namen von Juden, die man im Laufe der Jahre zum Beispiel anhand von verbliebenen Gegenständen identifizieren konnte. Es ist erlaubt, im Buch zu blättern und das dies reichlich genutzt wird, sieht man im mittleren etwas schmuddeligen Bereich der Seiten.

Buch der Namen
„Buch der Namen“

 

Blick ins Buch der Namen
Blick ins Buch der Namen

Die Ausstellung „SHOA“ wurde vom Staat Israel und Yad Vashem mit der Unterstützung der Claims Conference und in Koordination mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau erstellt. Dankeschön dafür.

Hier noch der Blick aus einem der Fenster aus Haus 27:

Vor der Mittagspause noch fix durchs ehemalige Krematorium

An dieser Stelle wusste ich das während der Tour noch nicht, wir nähern uns nun dem Ausgang vom Stammlager. Nicht, ohne noch diesen Galgen zu besichtigen. Ein Gefühl von Genugtuung macht sich breit, denn hier wurde der erste Lagerkommandant Rudolf Höss, welcher nach dem Krieg vom obersten polnischen Nationalgericht verurteilt wurde, am 16. April 1947 gehängt.

Unmittelbar daneben befindet sich der Eingang in ein Gebäude, welches von August 1940 – Juli 1943 als Krematorium diente.

Krematorium Auschwitz
Krematorium Auschwitz

 

im Krematorium Auschwitz I
im Krematorium Auschwitz I

Auch in dieser Zeit richtete man hier die erste Gaskammer ein. Schauerlich und auch ein Hauch von unaushaltbar, als unsere Tourleiterin uns in der „Gaskammer“ kurz verweilen lässt und erzählt, durch welche Öffnungen das Gift in den Raum geschüttet wurde .

Davon habe ich kein Foto gemacht. Es war einfach nur ein dunkler, furchtbarer Raum.

Wir gehen raus und es folgt ein krasser Switch. Pragmatisch rübergebracht erfahren wir, dass wir nun etwa 45 Minuten Mittagspause haben und später mit dem gelben Bus gemeinsam zum Lager Auschwitz-Birkenau fahren.

Ein Wort zur Mittagspause

Die Gedenkstätte hat eine kleine Cafeteria, wo man Suppe oder belegte Sachen kaufen kann. Diese war allerdings an dem Tag stopfenvoll und schnell wird uns in der Bestellschlange anstehend klar, dass es keinen Millimeter vorwärts geht. Also wieder raus aus der Schlange und die Vorräte in unseren Kofferräumen plündern. Schon aus diesem Grund kann es nützlich sein, auf dem Parkplatz der Gedenkstätte zu parken.

Du hörst die Botschaft: Nimm dir was zu essen mit. Wir stärken uns mit Bananen, Plätzchen, heißem Tee – viel Hunger haben wir tatsächlich nicht aber wir wissen, dass wir uns für den zweiten Teil stärken müssen. Es hat 4° C und die Tour ist körperlich und mental anstrengend.

Dann kommt schon der  Bus und fährt uns etwa 3 Kilometer in den zweiten Teil des Lagers.

Teil 2 der Tour – Lager Auschwitz II – Birkenau

Wir befinden uns nun ein einem von Stacheldrahtzaun umgebenen Teil der Gedenkstätte. Ganze 13 Kilometer Zaun umschließt das Gelände, auf welchem sich der größte Teil der Massenvernichtungsanlagen befand: Auschwitz II – Birkenau. Es war das größte Konzentrationslager. Genaue Zahlen kennt man natürlich nicht aber circa 90.000 Häftlinge (Juden, Roma, Polen und auch Sowjetbürger) waren im Jahre 1944 hier gefangen.

1 Million Juden fanden hier einen grausamen Tod. Die trübe Stimmung des Tages unterstreicht die Traurigkeit der Angelegenheit.

Auschwitz II - Birkenau
Auschwitz II – Birkenau

Wir laufen nur einen ganz winzigen Teil der insgesamt hier vorhandenen 10 Kilometer Lagerstraßen. Eine Menge Besuchergruppen werden umhergeführt.

10 Kilometer Lagerstraßen I Auschwitz II - Birkenau
10 Kilometer Lagerstraßen I Auschwitz II – Birkenau

Recht zügig stehen wir an der leider traurig berühmten „Judenrampe“. Hier kamen die Deportierten mit dem Zug an und wurden, sofern sie die unmenschliche Fahrt mit dem Zug überlebt hatten, direkt nach Ausstieg durch die Lagerärzte selektiert. Wer nicht arbeitsfähig war, wurde unmittelbar den Gaskammern zugeführt.

Auschwitz Birkenau II Judenrampe Tor
Auschwitz Birkenau II Judenrampe Tor

Ganz wichtig: Die Gleise dürfen nicht betreten werden. Nicht zum Hinsetzen für Picknick, nicht für Fotos, nicht zum Drüberlaufen – dafür gibt es Übergangsstellen. Das die Touristen zahlreich auf den historischen Gleisen rumturnen, ärgert unserer Tourleitung.

Die Rampe ist unendlich lang, links und rechts erstrecken sich die Bereiche, wo die Grundrisse der Baracken, Stacheldraht und Wachtürme zu sehen sind. Der grüne Rasen täuscht Idylle vor. Damals war nix grün – das Gelände war von Asche der Getöteten überzogen, denn irgendwann wusste man nicht mehr wohin damit und hat sie im Lager verteilt. Ekelhaft.

Die Judenrampe

Wir laufen bis zum Ende der Judenrampe. Und wie es der Zufall will, schickt uns der Wettergott in diesem Moment dicke weiße Flocken.

Ende der Judenrampe
Ende der Judenrampe

Eine ganze Weile lässt unsere Tourleiterin uns hier stehen, uns umschauen und so gucken wir minutenlang auf die Reste dieser direkt neben der Rampe liegenden, gesprengten Gaskammer. Der Schnee versucht das Elend zu überdecken, irgendwie hat das was Tröstliches.

gesprengte Gaskammer / Krematorium 3

 

gesprengte Gaskammer / Krematiorum 3

Immer noch an dieser Stelle stehend, jedoch um 180° gedreht, finden sich Gedenktafeln in allen gängigen Sprachen. Wir werden gezielt zur deutschen Gedenktafel geführt. Mir ist an der Stelle bereits so kalt, dass ich nur schnell ein Foto mache – gelesen habe ich vor Ort nicht. Reizüberflutung kann man es auch nennen.

Gedenktafel Auschwitz - Birkenau
Gedenktafel Auschwitz – Birkenau

Es schneit fett weiter, wir werden noch weiter nach hinten aufs Gelände geführt. Der Weg wird ein wenig rutschig und fast könnte dieser parkähnliche Bereich idyllisch sein, wüsste man nicht – was hier vor etwa 80 Jahren statt gefunden hat.

Es könnte so idyllisch auf der Welt sein…

 

Lagerstraße im Bereich der „Sauna“

 

Wir sind hier im Bereich der damals sogenannten „Sauna“ angekommen. Das Gebäude war gerade im Bau, ich habe es nicht mal fotografiert – absurd ist jedoch die Vorstellung, sich nach der Ankunft im Lager reinigen zu dürfen. Praktisch sah das dann so aus: Kleiderdesinfektion, Haarrasur, medizinische Untersuchung und Duschen. Seit 2001 ist im Gebäude der ehemaligen Sauna die einzige Ausstellung auf dem Gelände von Auschwitz II – Birkenau. Den Rest des Geländes versucht man so originalgetreu wie nur möglich zu erhalten.

Irgendwann sehen wir in der Ferne eine Gruppe Rehe vorbeiziehen. Ich habe keine gefestigte Einstellung, wie es nach dem Tod weiter geht. An der Stelle bin ich mir jedoch sicher, dass es die Seelchen der Verstorbenen sind, die hier erleben, wie Menschen aus aller Welt ihrer gedenken.

So allmählich geht es dann auf den Rückweg, wir kommen an zahlreichen dieser Baracken vorbei.

In eine dürfen wir noch hinein, diese wird extra für die Tour aufgeschlossen. Es ist schon ohne weitere Erklärungen hundekalt, trist, einfach nur katastrophal. In drei Etagen wir hier übereinander geschlafen und obendrauf gibt uns die Tourleiterin noch das Bild von Seuchen, Ratten, menschlichen Exkrementen, Verstorbenen.

Monoton tropft die Nässe irgendwo am Gebäude. Tok, Tok, Tok.

Lagerbaracken
Lagerbaracken

Dann streben wir unverzüglich dem Ausgang zu und ich bin froh, dem Stacheldraht den Rücken zukehren zu können. Sind zwar nur Besucher, die hinter dem Zaun zu den Baracken laufen – aber mindestens ein Gefühl von drinnen und draußen, Ich und du, frei und unfrei entsteht an dieser Stelle.

am Ausgang Lager Auschwitz II – Birkenau

Das letzte Foto mache ich 15.30 Uhr auf dem Parkplatz. Mit Ach und Krach durfte ich zu der Zeit noch fix auf die Toilette, die war eigentlich schon zu und wie du siehst, der Parkplatz ist auch fast leer.

Parkplatz Gedenkstätte Auschwitz

Fazit zum Besuch der Gedenkstätte Auschwitz

Ich bin sehr  froh, dass wir diese Reise getan haben. Die Gedenkstätte ist trotz der Massen an Touristen sehr gut organisiert. Die Möglichkeit vorab ein Tourticket zu kaufen hat mir persönlich sehr gut gefallen. Der Kosmos rund um Gedenkstätte und Webseite ist ein Fass ohne Boden und ich habe im Zuge dieses Besuches gemerkt, dass bei mir noch deutlich Luft nach oben ist, was die Information rund um diese Zeit angeht.

Was mir nicht so gut gefallen hat, habe ich bereits erwähnt – die Situation der Mittagspause. Obgleich ich unseren Kofferraum-Stehimbis sehr cool fand, hätte ich auch gern im Warmen gesessen und einen Kaffee getrunken. Mit 6 Stunden Gesamtlänge inklusive Pause ist es vor allem bei sehr kalten oder sehr warmen Temperaturen eine kleine Herausforderung.

Ach eins noch: Mit jährlich 80.000 – 90.000 Besuchern stellen die Deutschen die fünftstärkste Gruppe dar. Das sind nicht wenig – vor Ort haben wir uns gewundert, warum die Hinweistafeln nicht auch in deutsch beschriftet sind.

Zum Abschluss gibt es noch dieses Zitat, was ich im Lager Auschwitz I an einer Wand entdeckt habe:

Es ist passiert, also kann es wieder passieren: Das ist der Kern dessen, was wir zu sagen haben. (Primo Levi, Überlebender des Holocaust)

 

An dieser Stelle endet dieser nahezu epische Blogbeitrag. Mit knapp 24.000 Zeichen wohl einer meiner Längsten. Das Thema hat es einfach verdient.

Hast du wirklich bis hierher gelesen? Stark!!! Wie geht es Dir nach dem Lesen des Beitrages?

Ich danke dir dafür, dass du dich der Thematik geöffnet hast – das ist der einzige Weg, wie sich die Wiederholung solcher Sachen vermeiden lässt.

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Im nächsten Beitrag berichte ich dann, wie die Reise weiterging. Deutlich angenehmer, denn nach der Gedenkstätte Auschwitz haben wir uns den Rest des Wochenendes Krakau angeschaut. Nur so viel dazu: Wir waren begeistert.

Schau also gern in Kürze hier wieder vorbei.

Autorin: Sandra Hintringer

 

 

Quellen: 

Zyklon B – Wikipedia

Auschwitz versinkt im Sumpf

Auschwitz virtuell erkunden | segu Geschichte

Botschaft von Avner Shalev | Ausstellung im Block 27 in Auschwitz

Holocaust/ Shoah | Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung

 

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