Erste Impressionen Kurztrip Gedenkstätte Auschwitz und Krakau
Während das Auto knapp 6 Stunden zurück Richtung Potsdam fliegt, nutze ich gleich mal die Zeit, ein paar erste Eindrücke vom Kurztrip in die Gedenkstätte Auschwitz sowie nach Krakau zu teilen. Wir waren zu viert unterwegs und warum wir auf dieser Tour Hoffnung geschöpft haben und was wir überhaupt erlebt haben, darum geht es in einem kurzen Überblick in diesem Beitrag. Also: Steck dein Personalausweis ein, denn den brauchst du auf dieser Reise nach Polen.
Inhalt:
Was zieht uns in der lauschigen Adventszeit nach Auschwitz?
Ja, das ist ganz sicher eine Frage, die auch wir uns im Nachhinein nochmal gestellt haben. Warum wollen wir ausgerechnet im Advent in eines der härtesten Kapitel der deutschen Geschichte eintauchen und warum vergnügen wir uns nicht einfach beim Backen von Plätzchen?
Ganz pragmatisch betrachtet, sind eine warme Stube sowie Plätzchen vor diesem historischen Hintergrund der reinste Luxus. Darüberhinaus war dies das erste Wochenende an dem wir gemeinsam diese Tour realisieren konnten. Es hat was, sich diesen nicht vorstellbaren Dingen, denen man in Auschwitz oder auch Krakau begegnet, nicht allein widmen zu müssen. Und natürlich haben wir uns ein wenig Adventsstimmung in Krakau erhofft.
Bisschen was Organisatorisches
Etwa 600 Kilometer sind es von Potsdam nach Auschwitz und so haben wir uns insgesamt dreieinhalb Tage für diese Tour Zeit genommen. Überrascht haben uns die überdurchschnittlich vielen LKWs auf Polens Autobahnen. Überrascht hat uns auch der Feierabendverkehr rund um Kattowice.
Da wir dieses Mal mit dem PKW unterwegs waren, brauchten wir natürlich sowohl in Auschwitz als auch in Krakau jeweils ein Hotel samt Parkplatz. In Auschwitz lief das problemlos, das Hotel Imperiale liegt einen guten Kilometer von der Gedenkstätte entfernt und wir konnten zwar gebührenpflichtig aber direkt vorm Eingang des Hotels parken. (*)
Was uns vorher nicht bewusst war, dass augenscheinlich viele polnische Touris speziell zum Nikolaustag nach Krakau kommen. (Kurzer Einschub: Auf einem Werbeschild im Hotel in Krakau lud man uns ein, die spezielle Stimmung am Nikolaustag zu fühlen. Ja – Dankeschön, das haben wir, während wir unser zentrumsnah gebuchtes Hotel ansteuerten, entpuppte sich diese magische Stimmung zunächst als heftiger Stau an den sich eine etwas mühselige Parkplatzsuche anschloss. Zum Glück kooperiert das Hotel mit einem Parkplatz in der Nachbarstraße und für 45,00 Euro standen wir dann zwei Nächte auf einem bewachten Parkplatz.)
Thema Geld und Kreditkarten. Unsere letzten Urlaube führten uns nach Skandinavien, wo die Kreditkarte mittlerweile bis zum letzten Wanderklo die Münzen und Scheinchen abgelöst hat. Das ist in Polen anders. In vielen Restaurants, öffentlichen WCs und auch auf dem Parkplatz brauchten wir Bargeld. Das führt uns speziell am Ende der Reise in alte Zeiten, wo man die letzten Taler kopflos in einen überteuerten Autobahnkaffee investiert, nur um nicht wieder ein Häufchen Fremdwährung zu Hause zu haben.
Und noch kurz zum Thema allgemeine Sicherheit: Wir haben uns lange nicht mehr so sicher gefühlt wie bei unserem Bummel durch Krakau, vielleicht sind es die unzähligen Überwachungskameras, die für eine grundsätzlich ausgeglichene Stimmung sorgen.
So und nun kommen endlich die versprochenen Impressionen.
Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
Am Vorabend unserer gebuchten Tour erkundeten wir kurz den bereits geschlossenen Eingang des Museums. Wir waren uns ziemlich sicher, dass es am nächsten Tag nicht besonders voll werden würde. Warum? Im Hotel waren nur sehr wenige Gäste, der Ort Auschwitz (polnisch: Oświęcim) schien recht ruhig. Der nächste Morgen sollte uns eines Besseren belehren.
Unsere 6-Stunden Tour war für 9.15 Uhr gebucht und mit uns strömten unfassbare Massen über Massen an Menschen zu Fuß, in Bussen oder in ihren Fahrzeugen durchs nun weit geöffnete Tor. Lange Schlangen sowohl am Ticketschalter als auch an der Sicherheitskontrolle.
Und genau diese ganzen Menschen waren es, die uns ein Gefühl von Hoffnung verliehen. Sooo viele Menschen, die den Tatsachen ins Gesicht schauen und sooo viele Menschen, die dafür sorgen, dass das Schrecken nicht in Vergessenheit gerät.
Das Nachspüren der Vergangenheit ging direkt nach der Sicherheitskontrolle los. Wir werden „markiert“, das heißt, wir erhielten unsere Klebchen… tja, was soll ich sagen. „Deutsch – 9.15 Uhr – Auschwitz-Birkenau“ Deutsch, das ist wohl nichts, worauf man an diesem Ort stolz sein könnte. Nun gut, nützt ja nix, man kann sich nicht aussuchen, wo man hingeboren wird – lediglich – wie man sich dort und überall anders auf der Welt verhalten möchte.
Es sträubt sich alles in mir, an diesem Ort von Gäste-„Führerin“ zu sprechen.
Also: Unsere Guidin, eine nette polnische Dame geschätzt Anfang 50, mit langer Daunenjacke und riesigem Schal um den Hals, versorgt uns zunächst mit Kopfhörern und dann haut sie uns einfach um, denn die nächsten fast 6 Stunden, abgesehen von der Mittagspause sowie der inkludierten Busfahrt ins Lager Auschwitz II-Birkenau, zieht sie professionell anfangs eine 14-köpfige Gruppe, die später auf 7 schrumpft, durch die Ausstellung und bis auf wenige Pausen, redet sie nahtlos immer weiter.
Das hilft, die Schlangen und Trauben an Menschen auszublenden, die sich in und vor jedem der Backsteinblocks sammeln.
Wir konzentrieren uns auf das ab un an heisere, sehr konzentrierte, leicht gebrochene Deutsch, welches bei der einen oder anderen Kellerzellenbesichtung mangels fehlender Funkverbindung auch mal abreist.
Das hohe Tempo des Rundgangs, der überwältigende Andrang im Museum, das unermüdliche Sprechen der Guidin und die immer neuen Eindrücke helfen, sich weder emotional noch thematisch zu weit in die Düsterheit des Themas reinfallen zu lassen.
1 Million vernichtete Juden begreift man einfach nicht, egal wieviele Stunden man da drin rumläuft.
Eine geringe Ahnung der Dimension bekommt man, wenn man die gesammelten Alltagsgegenstände betrachtet. 80.000 einzelne Schuhe. Das sind in etwa so viele, wie deutsche Besucher jährlich nach Auschwitz kommen.
Ich werde in einem Extrabericht noch detaillierter über die Gedenkstätte berichten. An dieser Stelle nur noch der kurze Blick auf die leider berühmte Judenrampe, welche wir nach einem kurzen Busshuttle ins Lager Auschwitz II -Birkenau nach der Mittagspause erreichen. Die Judenrampe bezeichnet das Gleis sowie den Bahnsteig, wo all jene Menschen nach tagelanger Zugfahrt erschöpft und ausgezehrt aussteigen mussten, die man systematisch von West nach Ost aus Europa vertreiben wollte.
Beeindruckend fanden wir, wie an jenem Tag unseres Besuches das Wetter seinen Teil leistete, um das Schrecken ein wenig mehr zu verstehen. Die Unwirtlichkeit von Kälte, Nässe und Schnee lies uns, eingepackt in dicke, wetterfeste Jacken, Hosen, Mäntel und geschützt durch Schirme, dennoch frieren und damit minimal erahnen, wie es wohl nackt und unterernährt gewesen sein muss. Traurig und unaushaltbar.
Später legte die in der Wetter-App vorhergesagte Doppelflocke so richtig los und tat alles, um das Grauen zumindest etwas zu überdecken.
Auf dem Bild sind die Reste einer Gaskammer zu sehen, die sich unmittelbar neben der Judenrampe befand. 1200 Personen wurden pro Durchgang vergast. Einfach nur schrecklich.
Wie gesagt, ich werde demnächst noch etwas mehr über den Rundgang berichten. An dieser Stelle soll das erst mal genügen, falls du jetzt schon Fragen hast, dann schreib gern in die Kommentare.
Und dann: Seelenpflege in Krakau
Direkt nach dem Museumsbesuch fahren wir direkt weiter in das etwa 50 Kilometer entfernte Krakau. Der Feierabendstau zögert die Fahrt in die Länge, Glück insofern, dass nun die leicht durchnässten Klamotten trocknen.
In Krakow angekommen legt das volle Kontrastprogramm los, was unsere Aufmerksamkeit nun auf sehr angenehme Art in den Bann zieht. Krakau ist wirklich schön und somit wird es auch zu Krakau noch einen Extrabericht geben.
Wir nutzen jedoch den Abend unserer Ankunft und spazieren in die von weihnachtlichem Lichterglanz erfüllte Altstadt.
Für den nächsten Tag haben wir uns einige Wegmarken der Stadt rausgesucht, die wir ablaufen wollen. Dazu gehören unter anderem die großen und ältesten Straßen der Altstadt, die Florianska und die Ulica Grotka.
Immer wieder gibt es dabei einen schönen Blick auf die Marienkirche, die große katholische Kirche, von deren Turm zu jeder vollen Stunde ein Turmbläser spielt. Auch dieser schönen Tradition werden wir beiwohnen.
Natürlich darf eine der Berühmtheiten der Stadt nicht fehlen. Die Wawel-Burg, die hoch auf einem Hügel einen schönen Blick auf Stadt und Weichsel freigibt.
Und auch für ein paar lokale Köstlichkeiten war Zeit. Krakau ist allgemein eher farbenfroh und auch ein wenig verspielt, den Teilchen in diesem Schaufenster konnten wir nicht widerstehen. An meinem Gaumen hat sich der herzförmige, ganz weiche Pfannkuchen unten links zerdrücken lassen. Hmmm. (Tatsächlich wusste ich nicht, wie ich der Dame am Verkaufsfenster verständlich machen soll, welches Teilchen ich möchte. Deshalb habe ich den Pfannkuchen fotografiert und gezeigt. Und was soll ich sagen – ich mache meine Tüte auf und es ist der falsche drin. Auch das gibts. Der Umtausch war problemlos.)
Eine ganz typische Speise, die mir vor meiner Abreise empfohlen wurde, sind die Pierogi – Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen. Acht Stück haben mich super satt gemacht.
Tja und gern hätten wir uns auf unserer recht umfangreichen Tour mal hingesetzt. Die Idee hatten wohl alle Touris, zur Mittagszeit waren wir gerade im jüdischen Viertel Kazimierz und so landeten wir dann zwar stehend essend – dafür aber traditionell auf dem Platz Novy. Hier gibt es richtig schön kross geröstetes und belegtes Weißbrot, genannt Zapiekanka, ursprünglich das als günstig eingestufte Essen der arbeitenden Bevölkerung, nun Touristenmagnet.
Den Belag gibt es in allen möglichen Varianten und so ziemlich jeder Tourist hat eins davon in der Hand. Die Teilchen werden zwar als Snack gehandelt, sind aber selbst in der kleinen Variante üppig und hauen in der großen Variante gute Esser um. So sind wir bis zum Abendessen gut gesättigt. Das auf dem Foto sind übrigens zwei Kleine.
Ein richtiges Geschenk macht uns der Sonnenuntergang. Zufälligerweise überqueren wir gerade die Weichsel und können stimmungsvolle Bilder einfangen.
Nicht ganz so leicht war die Einkehr am Abend. Wie zu erwarten, waren die meisten Restaurants gut gefüllt, teils standen Warteschlangen vor der Tür. Nach gut 12 Stunden Stadtbummel kehren wir müde und zufrieden zum Hotel zurück.
Vielen Dank, dass du dich für das Thema Auschwitz interessierst und bis zum Ende des Textes mit uns mitgereist bist.
Wir sagen auch Danke an unsere zwei Mitreisenden. Ein thematisch nicht ganz leichter aber wirklich sehr schöner Ausflug.
Autorin: Sandra Hintringer
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6 Kommentare
Die Region rund um Krakau kann ich auch unbedingt empfehlen! Da gibt es u.a. noch Katowice mit dem Schlesischen Museum, den Sender Gleiwitz..
Es wird einige Zeit brauchen, die während der Tour vermittelten Informationen und Eindrücke von Auschwitz-Birkenau zu verarbeiten. Es hat mich an diesem schlimmen Ort positiv gestimmt und absolut gerührt, die vielen interessierten Menschen jeglichen Alters aus aller Welt zu sehen..
Krakau – eine Perle 🧡
Hallo Anja,
vielen Dank für das Feedback! Und richtig, Krakau ist eine Perle, mir hat es richtig gut gefallen.
Lg Sandra
Liebe Sandra,
als ich das Bild mit dem Berg voller Schuhe bei dir gesehen habe, war ich gedanklich sofort wieder in dem Raum der vielen Haare, Koffer und Schuhe. Lieblos dort ausgestellt, wird die ganze Tragweite dessen was dort passiert ist nicht mal ansatzweise damit dargestellt und doch stockte mir der Atem und den Anblick dieser Schuhe und der Kinderkoffer werde ich nie wieder vergessen.
Auschwitz sollte Pflichtbesuch für jeden Bundesbürger sein. Vorallem in den heutigen Zeiten in denen so viele Menschen sich anscheinend gar nicht mehr erinnern oder erinnern wollen was damals passiert ist.
Es darf nie wieder passieren. Nirgendwo.
LG Heike
Hallo Heike,
danke Dir für die Rückmeldung. Ich bin auch der Meinung, dass jeder mal dagewesen sein sollte. Im Moment reisen, wie im Beitrag beschrieben etwa 80.000 – 90.000 Deutsche in die Ausstellung und stellen damit die fünftstärkste Gruppe der Besucher.
Liebe Grüße
Sandra
Liebe Sandra,
ich komme erst heute dazu, deinen Blog über Auschwitz und Krakau zu lesen. Ihr hattet ja im Sommer, als wir bei euch in Potsdam waren, angekündigt, dorthin zu fahren, daher war ich schon neugierig. Wir sind ja, als wir im Juni dort waren, ohne vorherige Ticketreservierung gleich morgens früh in die Gedenkstätte gelaufen und konnten ohne Wartezeit zwei Tickets für eine Führung auf Deutsch kaufen. Ich habe beim Lesen gedacht, die Frau, die euch durch die Lager geführt hat, könnte dieselbe gewesen sein, die auch uns begleitet hat. Aber ich glaube, dort arbeiten sehr viele hoch qualifizierte und motivierte Menschen. Glücklicher Weise ist der Besucherandrang ganzjährig hoch, viele Menschen aus allen Ländern wollen sich über die Gräueltaten unserer Vorfahren informieren und nicht vergessen und schon gar nicht verleugnen. Es müssten mehr Deutsche darunter sein, und ich stimme meiner Vorkommentatorin zu, für jeden und jede Deutsche, gleich welchen Alters, sollte der Besuch Verpflichtung sein.
So, jetzt muss ich erst mal weiterlesen. Liebe Grüße – Andreas
Hey Andreas,
freut mich, dass Dich der Beitrag interessiert. Ein detailierter Beitrag zum Besuch der Gedenkstätte geht in Kürze online.
Liebe Grüße und immer gute Weitereise
Sandra