Tripp Tipp

Patagonien erleben – ein Interview mit Sandra

Lesedauer 8 Minuten
Cerro Torre
Cerro Torre

Vor ein paar Jahren noch habe ich mit Sandra gemeinsam in einer Praxis in Potsdam gearbeitet. Heute lebt sie in der Schweiz, ist mittlerweile absolut trekkingerfahren und bereitet sich gerade auf den Marathon in Amsterdam vor.

Wann immer es geht, schnürt sie ihre Lauf- oder Wanderschuh. Wie Sie die Reise organisiert hat und vor allem, was es zu beachten gibt, wenn man durch Patagonien reisen möchte, verrät sie euch in diesem Interview.

1. TrippTipp: Patagonien klingt für mich und ich denke für viele Leser meines Blogs wie ein ganz toller Traum. Was war Dein erster Eindruck, als Du dort angekommen bist?

Sandra F: Das erste war die gewaltige Leere in dem Land, wir sind in Buenos Aires angekommen und gleich vier Stunden weitergeflogen zur Peninsula Valdes. Und dieser Flug sieht auf der Landkarte aus wie eine minikleine Distanz. Dann sind wir erst einmal mit dem Mietauto ein Stück gefahren. Argentinien ist groß und weit und hat einen endlosen Horizont. Und wenig Einwohner…..man kann den Blick schweifen lassen. Das tut wirklich gut.

2. Tripp Tipp: Und wie lange dauerte die Anreise und in welchem Monat bist Du dort gewesen?

Sandra F: Wir waren im Dezember und den halben Januar dort. Da hat man zum Teil noch etwas Wetterschwierigkeiten beim Wandern, aber die hat man in Patagonien auch im Hochsommer (also Februar). Vor Weihnachten sind noch nicht so viele Touristen da. Ich bin von Zürich aus geflogen. Erst neun Stunden mit der Swiss und nach einem 4 stündigen Aufenthalt in Sao Paolo dann weiter nach Buenos Aires (3h). Und dort gleich Umstieg und noch 4h nach Trelew. Also eine recht lange Anreise.

3. Tripp Tipp: Fitz Roy und Torres del Paine habe ich ja schon mal gehört. Von welchen imposanten Wegmarken möchtest Du jedoch außerdem berichten?

Sandra F: Der erste Haltepunkt unserer Reise hieß Puerto Pyramides, wo man den Nationalpark Peninsula Valdes besuchen kann. Hier ziehen die Glattwale ihre Jungen auf und kommen jedes Jahr zu hunderten in die Bucht. Whalewatching ist Pflicht, wenn auch recht teuer. Aber es ist eine wahnsinnige Erfahrung wenn die riesigen Tiere auf Armlaenge herankommen (Das machen sie aus Neugier. Es ist verboten sie mit dem Boot zu verfolgen und unter dem Boot durchzutauchen.) Wir haben dort gezeltet und haben beim Einschlafen sogar noch die Pustegeräusche der Wale vom Meer her gehört.

Tripp Tipp: Hahaha. Das klingt toll und ich kann mir richtig vorstellen, wie glücklich Du dabei warst!

Sandra F: Dann ging es weiter nach Bariloche in den Anden. Eine Berggegend mit vielen Seen, ein bisschen wie die Schweiz. Und eine sehr entspannte Atmosphäre dort in dem Ort. Dort haben wir Bekannte besucht und sind geklettert, gewandert und Fahrrad gefahren. Auch hier gab es einen annehmbaren Zeltplatz.

Weiter dann nach San Martin de los Andes ( mir war es da etwas zu touristisch aber die Natur ist wirklich reizvoll) und weiter nach Pucon in Chile. Hier haben wir wieder Bekannte besucht. Sie sind Bergführer und haben uns auf den Vulcan Villaricca geführt. Das war zwar auch sehr touristisch aber trotzdem spannend. Im März ist der ja dann ausgebrochen, ich weiß nicht, ob man schon wieder hinauf kann.

Mit dem Flugzeug sind wir dann nach Puerto Mont geflogen und dann nach Puerto Natales gefahren. Hier ist der Ausgangspunkt für die Torres del Paine Tour. Dort waren wir fünf Tage trekken. Auch dort hatten wir das Zelt dabei und bis auf eine besonders verregnete Nacht, welche wir im Refugio verbracht haben, haben wir draußen geschlafen. Dort haben wir auch Weihnachten gefeiert.

Weihnachten
Weihnachten

Dazwischen haben wir noch in El Calafate haltgemacht um den Perito Moreno Gletscher anzuschauen. Hier habe ich aber lieber eine 2Tages Tour auf dem Pferd gemacht, weil ich kein Fan von Touristenmassen bin und unterwegs schon genug Gletscher gesehen hatte.

Danach ging es weiter nach El Chalten zum Fitz Roy und Cerro Torre. Wir hatten auch hier Glück mit der Sicht. Viele Reisende nehmen die Tour auf sich und sehen aufgrund des verrückten Wetters keinen der berühmten Berge.

Ushuaia war dann das nächste Ziel. Die südlichste Stadt der Welt. Am Beagelkanal. Hier waren wir dann, wieder wandern und nochmal 2 Tage reiten.

Beagel Kanal Ushuaia
Beagel Kanal Ushuaia

Dann sind wir nach Buenos Aires zurückgeflogen. Aus circa 15 Grad Celsius in 30 Grad.
Eine wunderbare Stadt, für welche man etwas Zeit einplanen sollte. Wir waren nur 2 Tage dort und dann ging es wieder heimwärts in den schneereichen Schweizer Winter.

4. Tripp Tipp: Wie hast Du Dich dabei durchs Land bewegt?

Sandra F: Wie schon gesagt sind wir viel geflogen. Das ist auch fast nicht anders zu machen in dem riesigen Land, es sei denn man hat genug Zeit. Das hat sehr genaue Planung vorher erfordert und natürlich ging es auf Kosten der Spontanität. Man kann eben nicht alles haben.

Weiterhin sind wir viel Bus gefahren. Der Standard ist super und der Bus fährt auch wirklich zur angegebenen Zeit. Man wird nur im Bus darum gebeten, die Schuhe anzulassen, wofür ich sehr dankbar war. Die Tickets haben wir immer gleich bei der Ankunft für die Weiterfahrt am Busbahnhof direkt gekauft. War unproblematisch aber kann schwierig sein wenn man zur Hauptsaison da ist.
Ein Mietauto ist auch eine Option, aber recht teuer.

5. Tripp Tipp: Was war Deine eindrucksvollste Wanderung? Und was darf man auf keinen Fall vergessen, wenn man es Dir gleichtun möchte? (spezielle Ausrüstung etc.?)

Sandra F: Die eindrucksvollste Wanderung war der Circuito im Torres del Paine Nationalpark. Man hat sehr abwechslungsreiche Landschaft. Berge, Gletscher, Seen und einen endlosen Blick. Kondore und Gauchos inklusive. Wirklich toll und das Herzstück Patagoniens.

Gletscher im Paine Nationalpark
Gletscher im Paine Nationalpark

Wichtig ist eine gute Trekkingausrüstung. Ein sehr wetter- und windfestes Zelt welches man auch gut tragen kann. Wasserdichte Schuhe, am besten Vollleder gut eingewachst, die Goretexschuhe standen in den Hütten immer am Ofen, weil die dem patagonischen Regen nicht standhalten.

Kleidung für jedes Wetter ( unbedingt wasserfest) und eine stabile Regenhülle für den Rucksack. Man kann in den Refugios essen aber wir haben unser Essen selbst in Puerto Natales gekauft und mitgeschleppt. (morgens gab es Haferflocken, Milchpulver und Wasser, mittags Schoki und Nüsse und abends Nudeln).

Das heißt es braucht auch einen Kocher und einen Wasserfilter bzw. Aquamira fürs Wasser. Die Refugios waren meist sehr voll und man sollte sich nicht darauf verlassen dort schlafen oder essen zu können. Oder man bucht alles vor. Wir konnten einen Teil vom Gepäck im Hostel lassen, und hatten nur das Nötigste mit. Dort kann man meist auch Equipment für den Park ausleihen.

6. Tripp Tipp: Was sind die typischen Übernachtungsmöglichkeiten und wo bewegt es sich so ungefähr preislich?

Sandra F: Übernachtet haben wir hauptsächlich im Zelt oder im Hostel, was ja in Zeiten von Internet kein Problem darstellt. Ich weiß gar nicht mehr wie teuer das immer war. Aber ich denke nicht so teuer wie die Schweiz aber mindestens so teuer wie Deutschland. Ich glaube im Dormitory hat es immer so circa 10 oder elf Euro die Nacht gekostet. Argentinien hat aber sehr mit der Finanzkrise zu kämpfen und deswegen sind Wechselkurse und Preise sehr instabil. In Chile weniger, aber da ist es etwas teurer als in Argentinien.

7. Tripp Tipp: Konntest Du gut in Kontakt mit Einheimischen kommen und welche Eigenschaft der Patagonier ist Dir am meisten aufgefallen?

Sandra F: Wir hatten sehr viel Einheimischenkontakt, was aber eher daran lag, dass wir Leute dort kennen. Auch sonst sind die Argentinier sehr entspannt und offen. Und im Denken eher europäisch geprägt. Ich hatte sehr schöne Begegnungen und gute Gespräche dort. Von meinen Asienreisen, wo ja die Mentalität eine komplett andere ist, kenne ich das nicht so. Allerdings sollte man Spanisch können. Nur die jüngere Generation spricht Englisch. Und selbst am Flughafen oder auf der Post kommt man manchmal nicht weiter ohne Landessprache. Und die öffentlichen Beamten und Dienstleister können auch ganz schön unfreundlich sein, vor allem in Chile.

8. Tripp Tipp: Ich muss das einfach immer fragen. Was ist ein ganz typisches Essen in diesem Land?

Sandra F: Ein ganz typisches Essen ist Fleisch in rauen Mengen. Als Vegetarier hat man es manchmal schwer. Salat ist eher unüblich. Meist erhält man dann eine grob geschnittene Tomate und Zwiebel mit vielleicht zwei Salatblättern. Das Fleisch in Argentinien stammt vom Rind. Leider wird das hochwertige Fleisch ohne die Antibiotika und von den glücklichen Kühen exportiert, so dass man in Argentinien meist das Hormonrind aus der Massentierhaltung bekommt.

Ein landestypisches Essen ist auch die Asada. Das ist Lamm über dem offenen Feuer gegrillt. Sollte man eine private Einladung zu so etwas erhalten wird es als sehr unhöflich empfunden, das abzulehnen. Und Zucker! Wahnsinn. Wenn es nicht Fleisch ist, ist es süss. Da musste ich die Zuckerchallenge kurz unterbrechen.
Was mich immer über Wasser gehalten hat waren diverse Varianten von Avocados und Empanadas mit Käsefüllung.

9. Tripp Tipp: Womit hast Du vorher gar nicht gerechnet – also hat Dich was und wenn ja – was hat Dich überrascht?

Sandra F: Ich war überrascht vom wirtschaftlichen und hygienischen Standard. Man kann das Wasser aus der Leitung trinken, muss sich im Süden gegen nix impfen und kann fast alles im Laden kaufen. Und ich war überrascht, dass ich so schöne Begegnungen hatte mit den Menschen. Und vom Wetter. Das liest man zwar vorher überall aber ich habe noch nie so einen starken Wind erlebt und so starke und schnelle Wetterumbrüche.

10. Tripp Tipp: Ganz pragmatisch: Wie funktioniert das dort mit dem Geld? Braucht man ein Visum oder gibt es sonstige Einreisebedingungen?

Sandra F: Man braucht vorher kein Visum. Das gibt´s bei der Einreise kostenlos und ist 90 Tage gültig. In Chile auch nicht. Allerdings kann man hier unter Umständen sehr genau befragt und durchsucht werden. Ich wusste auch nicht, dass man nach Chile kein offenes Essen und auch kein Obst oder Gemüse einführen darf.

Geld haben wir hauptsächlich bar in Dollar oder Euro mitgehabt und dann jeweils da getauscht wo der Kurs gerade gut war. Das lohnt sich. Die Unterschiede sind riesig gegenüber Banken oder offiziellen Wechselstuben. Manchmal war das auch irgendwo ein Ladenhinterzimmer oder Restaurant. Man wird in Tourismusgegenden manchmal auch auf der Straße angesprochen.

Kreditkarte ging, jedoch meist mit hohem Kursverlust. Außer in Ushuaia. Da streiken öfter die Bankomaten und man sollte lieber vorher genug Bares organisieren. In Buenos Aires würde ich dann allerdings auch auf das Portemonnaie aufpassen. Ansonsten gab es nirgendwo ein Problem.

Flaches Land
Flaches Land

11. Tripp Tipp: Gibt es irgendwas, wovor Du die Leser gern warnen oder beschützen möchtest?

Sandra F: Warnen kann ich eigentlich nur vor der TAMAir (von Sao Paolo nach Buenos Aires). Die nehmen es mit dem Gepäck und der Sicherheit nicht so genau.
Manche Gegenden in Buenos Aires bei Nacht sind nicht zu empfehlen und vor dem rauen Wetter. Das habe ich, obwohl doch schon sehr outdoorerfahren, echt unterschätzt und mir zwischenzeitlich einen dicken Schnupfen geholt.

Tripp Tipp: Wow. Das klingt nach einer unglaublich schönen und vor allem fazettenreichen Reise. Ich hoffe die Erinnerungen klingen noch lange nach! Vielen Dank, dass Du Dir für dieses Interview so viel Zeit genommen hast und vor allem wünsche ich Dir viel Erfolg für den Marathon in Amsterdam.

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